Europas Güterbahnen spüren den Wettbewerb

■ Fusion soll DB Cargo und NS Cargo im künftigen EU-Transportmarkt Vorsprung sichern

Berlin (taz) – Das Fusionsfieber erreicht jetzt auch die europäischen Güterbahnen. Am Montag gaben DB Cargo und NS Cargo, die Güterverkehrstochterfirmen der deutschen und der niederländischen Bahn, bekannt, sich Ende 1999 zur Rail Cargo Europe zusammenzuschließen. NS Cargo ist im Vergleich zur DB Cargo zwar klein: die niederländische Güterbahn transportiert täglich 75.000 Tonnen, die DB Cargo hingegen eine Million Tonnen. Interessant wird die Fusion aber vor dem Hintergrund der künftigen Entwicklung im EU-Transportmarkt.

Die EU-Kommission erwartet für den Zeitraum von 1995 bis 2010 eine Zunahme des EU-weiten Güterverkehrs um 40 Prozent. Dieser Zuwachs wird sich auf Europas Autobahnen abspielen: Der Straßengüterverkehr wird seinen Marktanteil von 54 Prozent 1995 auf 80 Prozent im Jahr 2010 steigern. Der Schienengüterverkehr wird in diesem Szenario von 34 auf 14 Prozent schrumpfen. Dies wäre nicht nur ökologisch ein Desaster. Die Kommission geht davon aus, daß der nötige Straßenneubau nur schwer finanzierbar ist.

Einziger Ausweg: der Schienengüterverkehr muß für die Transportfirmen wieder interessant werden. Das weiß auch die EU-Kommission und setzt wie immer auf mehr Wettbewerb, der die Bahnen zu besseren Angeboten zwingen soll. Im vergangenen Herbst richtete sie sogenannte Freeways auf den Hauptgüterstrecken ein. Diese führen von den großen Nordseehäfen Antwerpen, Rotterdamm, Hamburg und Bremen zum süditalienischen Containerhafen Gioia Tauro sowie über Wien und Budapest nach Osteuropa.

Früher mußte ein Spediteur mit allen Bahnen verhandeln, durch deren Gebiete diese Transportrouten führten.

Jetzt aber hat die Kommission verschiedene EU-Länder dazu verpflichtet, Streckenbüros einzurichten, die einen ganzen Freeway betreuen und Preisangebote machen. So müssen sich die Speditionen nur noch mit einem Ansprechpartner auseinandersetzen. Das macht neuen privaten Güterbahnen den Einstieg in den EU-Transportmarkt wesentlich leichter. Den ehemaligen Staatsbahnen winkt nun Konkurrenz.

Angesichts dessen verschaffen sich DB Cargo und NS Cargo mit ihrer geplanten Fusion eine gute Ausgangslage für den kommenden Wettbewerb unter Europas Güterbahnen. Denn im Einzugsbereich der neuen Rail Cargo Europe liegt Europas wichtigster Hafen, Rotterdam. Auch andere ehemalige Bahn-Monopolisten planen derzeit Zusammenschlüsse. Die Güterbahnen der Schweiz und Italiens stehen in Verhandlungen, und die skandinavischen Güterbahnen planen die Gründung einer „Nordic Rail International“. Niels Boeing