Europa beschließt saubere Luft

■ 32 Staaten Europas unterzeichneten Protokolle zur Luftreinhaltung. Greenpeace: Wichtige Gifte ausgeklammert, verbotene Chemikalien ohnehin kaum in Gebrauch

Berlin/Aarhus (taz/ AFP) – Acht Jahre hat es gedauert, bis Europa und Nordamerika sich darauf einigen konnten, wie sie der Luftverschmutzung durch Schwermetalle und gefährliche Chemikalien zu Leibe rücken wollen. Das Ergebnis steht in zwei Protokollen, die 32 Umweltminister gestern auf der „4. Paneuropäischen Umweltkonferenz“ im dänischen Aarhus unterzeichneten. „Ein großer Fortschritt ist das nicht“, sagt Manfred Krautter, Chemie-Experte von Greenpeace Deutschland. Denn entscheidende Chemikalien sind im Vorfeld der Konferenz aus dem Protokollentwurf gestrichen worden – auch auf massiven Druck der Bundesregierung hin.

Eines der beiden Protokolle behandelt 16 extrem haltbare organische Schadstoffe – sogenannte POPs –, darunter das gefährliche Insektengift DDT und das häufig als Isolierflüssigkeit verwendete PCB. Diese Stoffe können, einmal in die Umwelt gelangt, nur sehr schwer wieder abgebaut werden und sich über die Nahrungskette ausbreiten. Von Experten werden sie für Krebserkrankungen, Schwächungen des Immunsystems und Mißbildungen mitverantwortlich gemacht. Laut Protokoll dürfen einige POPs in Zukunft nicht mehr hergestellt und freigesetzt werden. Der Gebrauch von Substanzen wie DDT und PCB wird strikt eingeschränkt.

Die 16 aufgeführten POPs seien aber in den meisten westlichen Ländern inzwischen ohnehin verboten, wendet Manfred Krautter ein. Was in dem Protokoll fehle, seien dagegen die immer noch verwendeten Chlorparaffine sowie Pentachlorphenol. Dabei habe etwa der Chemiekonzern Hoechst schon 1995 nach einer Greenpeace-Kampagne die Produktion von Chlorparaffinen eingestellt. Im zweiten Protokoll verpflichten sich die Staaten, den Ausstoß der Schwermetalle Blei, Cadmium und Quecksilber unter den Wert von 1990 abzusenken. Die Grenzwerte sollen nicht nur für die Industrie gelten, sondern auch für den Verkehr und die Müllverbrennung. Bis zum Jahr 2005 soll außerdem verbleites Benzin verschwinden. Die beiden Protokolle sollen als Grundlage für ein weltweites Abkommen dieser Art dienen, über das ab Ende Juni in Montreal unter UN-Schirmherrschaft beraten wird. nbo