„Wir werden hart zuschlagen“

■ Äthiopiens Ministerpräsident Zenawi will Eritrea eine Lektion erteilen

taz: Aus welchen Motiven speist sich der Konflikt zwischen Eritrea und Äthiopien?

Meles Zenawi: Ich muß rationale Motive für irrationale Entscheidungen finden, und so kann ich nur spekulieren. Zum einen glaube ich, daß die eritreische Führung einer tragischen Fehleinschätzung unterlegen ist. Sie hat geglaubt, daß sie mit ihrer Taktik, erst zu schießen und dann weiterzusehen – wie sie es im übrigen schon mit Jemen gemacht hat –, davonkommen würde. Zum zweiten glaube ich, daß es mit einer gewissen Frustration zusammenhängt, daß dieser blinde Ehrgeiz, der starke Mann in der Region zu sein, sich nicht erfüllt hat.

Welchen Einfluß hatten wirtschaftliche Faktoren?

Die hatten sicher Einfluß. Aber noch einmal: Wenn man verschiedene Meinungen hat, muß man doch nicht gleich aufeinander schießen. Das machen doch nur Gangster, die versuchen, den anderen zu erpressen. Zudem ist der wirtschaftliche Schaden für uns durch den Konflikt gering. Das einzige, worauf wir angewiesen waren, sind die eritreischen Häfen. Aber der Hafen Assab liegt so nahe an Dschibuti, den wir nun hauptsächlich benutzen, daß es keinen Unterschied macht. Daß die andere Hafenstadt Massawa, die die kürzeste Verbindung nach Nordäthiopien hatte, nun ausfällt, wird die Transportkosten für die Importe etwas verteuern.

Aber trifft Sie nicht eine gewisse Schuld an dieser Entwicklung? Beide Regierungen waren enge Verbündete, und es war Ihre Bewegung, die vor fünf Jahren die Abspaltung Eritreas von Äthiopien sanktionierte.

Was hatten wir denn für eine Alternative? Wir haben den Eritreern nur das Recht auf Selbstbestimmung eingeräumt, das im übrigen auf eine 30 Jahre zuvor von der UNO getroffene Entscheidung zurückging. Danach herrschten 30 Jahre Bürgerkrieg. Die sieben Jahre Frieden nach der Unabhängigkeit Eritreas waren der größte Gewinn.

Wie wird es nun weitergehen? Der Verhandlungsvorschlag, den unsere Freunde aus Ruanda und den USA gemacht haben und den die OAU übernommen hatte, hat Eritrea aufgefordert, die eroberten Gebiete wieder zu räumen. Aber Eritrea sagte nein.

Was bedeutet das konkret? Wenn Eritrea nicht bereit ist, dieses Terrain friedlich zu räumen, werden wir entsprechende Maßnahmen ergreifen, und wir werden sicherstellen, daß diese Lektion ein für allemal verstanden wird.

Das heißt, daß Sie auch auf eritreisches Territorium vordringen?

Das ist eine rein militärische Frage. Wir wollen keinen Meter Land von Eritrea. Aber unser politisches Ziel ist, so hart zuschlagen, daß es unwahrscheinlich ist, daß so etwas wieder vorkommt. Interview: Peter Böhm