: Aufbruch in die Normalität
Nach zehn Jahren befindet sich die Ökobank als „Unternehmensgruppe Ö“ auf Expansionskurs. Nur die Anfangsschulden drücken noch ■ Aus Frankfurt am Main Klaus-Peter Klingelschmitt
Bilanzsumme 1997: 326,6 Millionen Mark. Wachstum: 34,6 Prozent. Jahresüberschuß: 416 Millionen Mark. Ökonomisch steht sie gut da, die Ökobank, zu ihrem zehnjährigen Jubiläum. Es darf gefeiert werden im Bürgerhaus Nordweststadt in Frankfurt. Das Bild ist bunt. Als „Turnschuhbanker“, wie die Begründer in der Branche anfangs noch genannt wurden, geht nur noch Vorstandsmitglied Oliver Förster, der seit 1986 für das Projekt Ökobank aktiv ist, durch. Die glänzenden italienischen Halbschuhe seines Kollegen Volker Viehoff symbolisieren dagegen den Aufbruch der Ökobank in die Professionalität und – begleitet von Protesten von der Basis – ein Stück weit auch in die Normalität der Branche.
Förster und Viehoff stehen für (ideologische) Kontinuität und für den Wandel. Ohne permanente Neuerungen – wie etwa im vergangenen Jahr die Gründung des ökologischen Aktienfonds Ökovision Lux S.A. – könne die Bank nicht weiter wachsen. Und das müsse sie: „Im Interesse ihrer Kunden und im Interesse der ökologischen und sozialen Projekte; nicht im Interesse der Bank“, so Banksprecherin Jutta Gelbrich, eine Ökobankerin der ersten Stunde.
Daß eine Bank nicht geführt werden kann wie die Schäferei zum frommen Lamm mußten Förster und Gelbrich den Genossen früher noch auf jeder Mitgliederversammlung erklären. Heute ist die „Unternehmensgruppe Ö“ Debattenthema – die Ökobank in Zukunft eine Art Holding für diverse eigenständige Tochtergesellschaften für Spezialprodukte wie Aktien- und Immobilienfonds oder für allgemeine Finanzdienstleistungen? Die Umstrukturierung ist ein Steckenpferd von Viehoff, aber „noch Zukunftsmusik“ (Förster). Und für einige Genossen von der Basis eine Horrorvision.
Die Ökobank, sagt Förster, sei vielleicht nicht mehr alternativ, aber dafür für um so mehr Menschen eine Alternative zu konventionellen Banken und Sparkassen. 23.308 Mitglieder verzeichnete die Ökobank 1997 – exakt 416 mehr als im Vorjahr. Und es sind gerade die neuen Produkte, wie Ökovison Lux (Fondsanteile für mindestens 5.000 Mark), die mit überproportionalen Wachstumsraten glänzen.
Noch immer eine lästige Pflicht ist dagegen der Abbau des Verlustvortrages aus den Gründertagen der Bank. Auch der Gewinn 1997 in Höhe von 416 Millionen Mark wird in vollem Umfang zur Tilgung verwendet werden müssen. In drei bis vier Jahren, hofft Förster, sei der Schuldenberg allerdings abgetragen. Und dann – und vielleicht schon im nächsten Jahr, wenn der Gewinn (wie prognostiziert) weiter steigt – müsse über die Gewinnverteilung neu nachgedacht werden. Er könne sich eine Zinsrückerstattung an soziale Projekte, die Kredite bei der Ökobank aufgenommen haben, vorstellen. Oder die Gründung einer bankeigenen Stiftung. Oder auch die Beteiligung der Mitarbeiter am Betriebsergebnis – 56 Menschen arbeiten heute bei der Ökobank, 9 mehr als im Vorjahr.
Förster und Viehoff wollen – entgegen vielen Unkenrufen – am Konzept der Regionalisierung der Bank über Filialgründungen festhalten. „Allerdings muß sich das auch rechnen“, schränkt Viehoff ein. Die Filiale in Freiburg habe das „Kundenpotential ausgeschöpft“ und liefere zufriedenstellende Ergebnisse. Die noch nicht ganz ausgebaute Filiale in Berlin sei dagegen ein Sorgenkind. „Einfach zu groß“ sei die Hauptstadt für nur eine Filiale in einem Stadtteil. Neue Konzepte seien aber in Arbeit auf der Grundlage von Qualitätsmanagement. Hier heißt das jetzt „Qualität Ö“.
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