Kaffeebrühen im Groß-Rohr

■ Neue Löskaffee-Anlage bei Kraft Jacobs Suchard in Hemelingen bietet Jobs für 30 Ex-Schiffsmaschinisten / Konzern investierte dafür 40 Millionen Mark

Paßgenau senkt der Kran die riesige Edelstahlröhre zwischen die Betonstreben. Nach wenigen Minuten in luftiger Höhe steht das 30 Tonnen schwere und 22 Meter lange Herzstück einer neuen Riesen-Kaffeemaschine sicher auf dem Fundament in einem Anbau des Hemelinger Werks von Kraft Jacobs Suchard (KJS).

Das Rohr, das ein dänischer Lastwagen herangekarrt hatte, ist ein sogenannter Fallstromverdampfer, Teil einer Extraktionsanlage zur Herstellung von Instant-Kaffee. Durch viele dünne Leitungen inmitten des großen Rohres wird zu Beginn des nächsten Jahres Kaffee Richtung Boden sinken, umgeben von einem Vakuum und – das ist im Unterdruck möglich – 70 Grad heißem Wasserdampf. Dieses Aufbrühen von gemahlenen Kaffeebohnen ist ein wichtiger Schritt bei der Herstellung von Löskaffee (siehe Kasten). Das Instant-Kaffeepulver, das später einmal aus den beiden gestern angelieferten Röhren kommt, wird nach Skandinavien, Großbritannien und Osteuropa verkauft. Aber auch auf dem schwierigen deutschen Kaffee-Markt hofft KJS durch Varianten mit Vanille-Aroma, als Cappuccino oder Mokka, den Absatz von Instant-Kaffee zu steigern.

40 Millionen Mark läßt sich die Tochter des Tabak- und Nahrungsmittelmultis Philipp Morris den Ausbau des Hemelinger Werks kosten. „Um den Zuschlag für Bremen zu kriegen, mußten wir so günstig wie möglich kalkulieren“, sagt KJS-Projektleiter Christian Mauer. So wird die neue Anlage in einem einfachen Anbau Platz finden. Aber die Köpfe der langen Rohre, die mit ihrem komplizierten Innenleben aus Dutzenden von Ventilen und Leitungen von der Spezialfirma APV in Kopenhagen gebaut wurden, ragen über die Decke hinaus. Sie werden nur durch ein Metalldach behütet.

Die Baukosten sind laut Maurer der entscheidende Kostenfaktor bei der neuen Löskaffee-Fabrik, um die sich auch konzerninterne Konkurrenz aus England beworben hatte. Personalkosten fielen nicht so stark ins Gewicht. „Wir fahren die Anlage mit fünf, sechs Leuten“, sagt Maurer. Das macht im Rund-um-die-Uhr-Schichtbetrieb insgesamt 30 neue Jobs in Hemelingen. „Eindampfoperators“ als Fachkräfte seien jedoch auf dem Arbeitsmarkt nicht zu finden, sagt Maurer. So hätten ehemalige Schiffsmaschinisten gute Chancen auf einen Wechsel in die Lebensmittelbranche: „Die können mit Dampf, Kälte und Vakuum umgehen“, begründet Maurer. Außerdem seien Seefahrer den Schichtdienst gewöhnt. Denn die neue Extraktionsanlage, die aus Röstkaffee Löskaffee macht, werde nur einen Tag im Jahr stillstehen – um mit Natronlauge chemisch gereinigt zu werden. jof