„Tu doch endlich was. Verhau mich!“

■ „Bleib doch zum Frühstück“: Neues Sommertheater im Packhaus oder die ewige Wiederkehr des Immergleichen

Wenn jemand „Curryhuhn indisch“ kocht und dabei den Curry vergißt, ahnt man gleich: Der Mann kann nur Beamter bei der Rentenkasse sein. Solche Typen staubwedeln natürlich selbst den Abfalleimer noch von innen, bewohnen einen veritablen Alptraum aus rosa Vorhängen und fleischfarbener Tapete und hören – zumindest in des Packhaustheaters neuester Sommerkomödie „Bleib doch bis zum Frühstück“ – auf den Namen George Clark.

Sein Dasein als vor sich dahin welkende Amöbe, dessen Sozialkontakte sich reduzieren auf stündliche Telefonate mit seiner hypochondrischen Schwester, nimmt ein abruptes Ende, als die flippige und hochschwangere Louise vor der Tür steht. Jimmy – der miese Typ von oben – hat sie verlassen, und der barmherzige George nimmt sie selbstverständlich bei sich auf. Auf die Plätze, Boulevard – und los!

„Was? Ja? Nein! Ojeojeoje! Ach wirklich? Ich muß ans Telefon!“- oder wahlweise „Es hat an der Tür geläutet“-Dialoge reihen sich in bemerkenswerter Dichte aneinander und entfachen so die komödientypische Atemlosigkeit. Michael Derda, der gemeinsam mit Andrea Krauledat auch Regie geführt hat, spielt George Clark entzückend verklemmt und hysterisch zugleich. Antje Klattenhoff alias Louise ist ebenfalls entzückend, allerdings enthemmt und natürlich auch hysterisch.

Aber wer sucht schon bei Figuren, die die Autoren Ray Cooney und Gene Stone darauf festgelegt haben, zwischen maximal zwei Gemütslagen zu changieren, nach einem schauspielerisch facettenreichen Profil. Daß es Hanjo Hundt – Jimmy, der Typ von oben – aber dennoch gelingt, selbst an dieser minimalen Anforderung deutlich zu scheitern, spricht nicht unbedingt für seine überwältigende darstellerische Klasse. Aber vielleicht liegt es auch nur daran, daß der arme Mann Sätze wie „Gib die Torte raus“ sagen muß, wenn er bei George nach Louise fragt und seinen Nachbarn jugendlichmegacool „Altprallarsch“ nennen muß, weil das eben jugendlichmegacool ist.

Die Welt, wie sie war, ist und sein wird in 90 Minuten: Im Ultrazeitraffer hechelt das Stück durch die Themen. Liebesgeschichte, Einsamkeit, Generationenkonflikte, Männer- und Frauenbilder und wer weiß was noch tauchen für Sekunden auf und verschwinden sogleich wieder hinter dem nächsten Hohoho-Kalauer. Kurzzeitig übt sich George, angesteckt von Louises naiver Unbekümmertheit, sogar als Revolutionär und läßt seinem Chef ausrichten, er käme – erstmals in 25 Jahren – nicht zur Arbeit. Und außerdem solle der Chef ihn „mal am Arsch lecken“.

Natürlich ist zwei Minuten später von diesen vernünftigen Ansichten nichts mehr geblieben. Dafür fleht Louise zwischendurch „Tu was. Verhau mich!“, in der Hoffnung, daß George etwas Pepp in die öde Beziehung bringen kann. Früher nannte man sowas Gewalt gegen Frauen. Heute ist das – auch Gewalt gegen Frauen. Nur daß es diesmal, im Gegensatz zu früher, dazu dienen soll, die Langeweile aus dem weiblichen Alltag zu vertreiben. Prima Idee.

Am Ende dann gelingt gar der Sprung in eine neue Dimension emanzipatorischer Höchstleistungen. Kurz vor dem ersten gemeinsamen Reinrausspiel auf der Matratze gesteht George, er sei nicht besonders gut im Bett. „Aber ich!“ ruft Louise. Und dann geht tatsächlich das Licht aus. Tja, so ist das heute. Wie früher. Nur anders. Aber eigentlich nicht. Franco Zotta

bis zum 31. August täglich (außer montags) 20.30 Uhr. Karten gibt es unter Tel.: 32 60 54 bzw. Tel.: 35 36 37