■ Gerhard Schröder holt die Französin Brigitte Sauzay in sein Team
: Die Beraterin

Die deutsche Sozialdemokratie und die französische Parti Socialiste haben sich nur selten innig füreinander interessiert, gar an gemeinsame linke Pläne für Europa gedacht. Zwischen der Schröder-SPD und der bunten Linken um den tüchtigen Lionel Jospin herrscht geradezu ein Nichtverhältnis. Und es ist nicht zu erwarten, daß sich das so bald ändert. Auch die Folgen des Euro werden sie nicht zueinander treiben, eher im Gegenteil.

Irgendeine politische Rolle wird es für Brigitte Sauzay, die Schröder als Beraterin engagiert hat, nicht geben. Dafür wird auf der deutschen Seite schon das Außenministerium sorgen, wie immer sein Chef heißt. Und auch der Quai d'Orsay unter dem vorzüglichen Deutschlandkenner Hubert Védrine, der lange Zeit die Fäden zwischen Mitterrand und Kohl gesponnen hat, braucht eine solche Dolmetscherin nicht. Und für die französische Öffentlichkeit ist Brigitte Sauzay keine hervorragende Figur, auf die man hören müßte.

Schröder gilt in der politischen Intelligenz Frankreichs als ein Repräsentant des protestantisch-liberalen Nordens in der Nachfolge Helmut Schmidts. Der hatte seinerzeit, als er mit Giscard d'Eastaing in englischer Sprache die europäische Währungsschlange konstruierte, die Schwesterpartei unter Mitterand demonstrativ links liegenlassen. Schröder unterstellt man solche Kälte nicht, aber man hält ihn eben für einen allseits glatten Blairisten. Im Konfliktfalle freilich würden sich bei ihm eher angelsächsisch-atlantische Neigungen durchsetzen. Im übrigen sieht man in Schröder einen sozialdemokratischen Industrialisten und Virtuosen im deutschen Korporatismus, der keinen europäischen Ehrgeiz hat.

Mit Kohl, so sehr alle unter den Auftritten dieses altmodischen Boche litten, fühlte man sich wohler. Dem Machiavellisten Mitterrand sagte der so ganz anders geschnitzte Machtmensch Kohl zu, man vertraute dem Sentimentaleuropäismus des rheinischen Katholiken. Und er war ja auch, was die französischen Interessen anging, immer zuverlässig. Schröder aber gibt noch kein Bild her.

Wenn der Kandidat wirklich eine Frankreich-Beratung nutzen kann und wenn er zudem weiß, wen er sich da geholt hat – daran darf man nach Stollmann zweifeln –, dann ist Brigitte Sauzay eine gute Wahl. Sie gehört zu den zwei- oder dreihundert Franzosen, die die Deutschen politisch verstehen können. Ihr Verständnis ist nicht ohne Vorbehalt. Sie teilt mit ihrem Ex-Chef im Elysee-Palast eine leichte, kaum merkbare Verachtung dieser Deutschen, die mit ihrer Wiedervereinigung sich nicht zur Staatsnation erheben wollten. Da wird sie bei Schröder auf Verständnislosigkeit stoßen. Vielleicht werden die beiden gelegentlich einen Dolmetscher benötigen – einen deutschen natürlich. Claus Koch

Der Autor lebt als Publizist in Berlin