Promis gegen Ausländerhetze

■ Von Günter Grass, Christoph Hein über Jürgen Habermas bis zum Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter - Prominente warnen vor einem Wahlkampf gegen Ausländer

Berlin (taz) -Rund 130 Prominente aus Kultur, Medien, Gewerkschaften, Kirchen, Politik und Wirtschaft haben an die Parteien im Bundestag appelliert, den Wahlkampf „nicht auf dem Rücken der Ausländer auszutragen“. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Schriftsteller Günter Grass, Christoph Hein, der Philosoph Jürgen Habermas, die Bischöfin Maria Jepsen, der Theologe Friedrich Schorlemmer, die WDR-Chefredakteurin Marion von Haaren, taz-Chefredakteur Michael Rediske, der Historiker Hans Mommsen, der Vorsitzende der IG-Medien, Detlef Hensche, der frühere Daimler-Chef Edzard Reuter sowie der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Der Aufruf geht auf eine Initiative der monatlich erscheinenden Blätter für deutsche und internationale Politik zurück.

Indirekt wenden sich die Unterzeichner gegen die Absicht der CSU, in die gemeinsame Wahlkampfplattform mit der CDU den Satz einzufügen, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Dagegen heißt es in dem Aufruf, die deutsche Politik dürfe sich nicht länger an der Wirklichkeit vorbeimogeln: „Die Bundesrepublik ist ein Einwanderungsland. Seit Jahrzehnten.“ Zuwanderern, die die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hätten, dürfe die deutsche Staatsbürgerschaft nicht verweigert werden, so der Appell weiter.

Unterdessen sorgte gestern der Vorschlag des stellvertretenden CSU-Generalsekretärs Joachim Herrmann für Wirbel. Er schlug eine Zweiklassenbehandlung von Ausländern vor. Die Behörden sollten künftig in Bayern zwischen „willkommenen Gästen und eher unerwünschten Leuten“ unterscheiden. Es sei für Bayerns Image abträglich, wenn sich japanische Ingenieure oder ein Kaufmann aus Brasilien, die eine mehrmonatige Aufenthaltsgenehmigung beantragten, beim Ausländeramt in eine Reihe mit „kriminellen Ausländern“ stellen müßten. Herrmanns Äußerungen brachten die bayerische Landtagsabgeordnete Irene Maria Sturm auf den Plan. Die Grüne stellte gestern Strafanzeige wegen Volksverhetzung. Das Strafgesetzbuch definiere Volksverhetzung als Aufstachelung zum Haß gegen Teile der Bevölkerung und böswillige Verächtlichmachung, so Sturm. Beides treffe auf Herrmanns Äußerung zu. Was der CSU-Politiker fordert, wird in Augsburg bald Realität. In der Ausländerbehörde sollen Asylsuchende, Bürgerkriegsflüchtlinge und Personen mit abgelaufener Aufenthaltsgenehmigung vom Rest der Ausländer getrennt werden, so der Leiter des Ordnungsamtes, Klaus Sulzberger. Severin Weiland