Mann um Mann

■ Manfred Krug und Charles Brauer singen mal wieder den "Tatort" (So., 20.15 Uhr, ARD)

„In jedem ihrer Tatorte stimmen die NDR-Kommissare Stoever und Brockmöller ein Lied an. Nur welches? Wer das herausbekommt, kann gewinnen: zwei hochwertige Fernsehgeräte und acht Jahreslose der ARD-Fernsehlotterie. Service- Nummer: (01805) 117705“ (aus: Presse aktuell des NDR)

Der „Tatort“ hat ein Akzeptanzproblem. Wenn auch auf hohem Niveau.

Durch den Krimiboom vervielfältigen sich die Formate und Gesichter derart, daß selbst der berühmte „Länderspiegel mit Leiche“ Gefahr läuft, nur noch unter ferner liefen zu senden. „Sie glauben ja nicht, wie lange es heute dauert, bis sich eine neue ,Tatort‘- Figur beim Publikum durchgesetzt hat“, seufzte unlängst Reihenerfinder Gunther Witte auf einer Tagung zum Thema. Dann legte er eine kurze Gedenkminute für die seligen Zeiten ein, als ein Haferkamp pro Halbjahr aus Hansjörg Felmy einen Star machen konnte.

Heutzutage also muß die Farbe stärker und der Sendetakt dichter sein. Und deshalb gibt es jetzt andauernd „Tatorte“, und die Kommissare Brockmöller und Stoever singen sogar – um der medialen Aufmerksamkeit willen.

Die „Schüsse auf der Autobahn“ sind deutlich auf ihre Figuren zugeschnitten. Liebevoll inszenierte Nebengleise führen in Richtung „Polizeiruf 110“, wo ja auch das Drumherum zuweilen wichtiger ist als die Frage, wer der Mörder ist. So sieht man Krug und Brockmöller beim heimeligen Kochen oder auf dem Weg zu einem langersehnten Konzert. Und es ist ein wenig, als wäre Thanner auferstanden und hätte Schimanski noch mal die Ehe angetragen.

Mitten in diese Bullenidylle platzen dann in regelmäßigen Abständen tote Trucker. Jetzt übernimmt der Plot (Buch: Raimund Weber) die Regie und treibt sein Spiel mit dem Zuschauer. Eine falsche Fährte löst die andere ab: Eine übereifrige Streifenpolizistin glaubt zunächst an einen irren Serienmörder. Der Zuschauer tippt besserwisserisch auf die habgierige Lotto-Tipgemeinschaft der Trucker. Stoever und Brockmöller recherchieren einen vertuschten Ökoskandal rund um den durchtriebenen Spediteur Korn. Leider überlebt keiner der Verdächtigen den Verdacht. Mann um Mann wird das Personal erlegt.

Irgendwann wird man dann wirklich nervös: Was, wenn am Ende alle tot sind? Bei soviel Handlung muß die Regie ja auf der Strecke bleiben. Wie eine hastig aufgesteckte Perlenkette reiht Hartmut Griesmayr die Szenen aneinander. Nebenrollen verkommen zu Stichwortgebern, und in der Mitte fällt der Film in sich zusammen: das u.a. mit einem guten Bernd Tauber sorgsam aufgebaute Truckermilieu spielt schon nach der Hälfte des Films nicht mehr mit. Es ist wie bei den zehn kleinen Negerlein. Am Ende bleiben nur Krug und Brauer übrig. Ob sich so das Akzeptanzproblem des „Tatorts“ lösen läßt? Klaudia Brunst