Mindestens 4.400 Drogensüchtige

■ Zwei Studien untersuchen die Bremer Drogenszene

Die 96 Mitarbeiter der Bremer Drogenhilfe stellen mit ihrem verschachtelten System an Beratungsstellen, betreutem Wohnen, ambulanter Therapie etc. ein „funktionsfähiges, differenziertes und in großen Teilen bedarfsgerechtes Angebot“. Sozialsenatorin Tine Wischer sagt's mit altbekannter Trockenheit. Kein Eigenlob! Zu diesem teuer bezahlten, doch unabhängigen Urteil kam die FOGS, die Kieler „Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbH“. Nachdem unseren Wirtschaftsleuten von McKinsey kläglichstes Versagen attestiert wurde, nun also eine wissenschaftliche Wertschätzung von Bremens Geisteswissenschaftlern: Für alle Restanhänger des guten, alten Humanismus ein Triumph in einer Zeit, die vor Stollmännern andächtig in die Knie sinkt.

Ein Blick ins 145-Seiten-Opus von FOGS ernüchtert. Erstaunlich oberflächlich sind die Bewertungskriterien: „Eine zentrale Größe bei der Beurteilung der Strukturqualität ist die personelle Ausstattung.“ Diese „Ausstattung“ wird in einem Gemisch aus Milchmädchenrechnung (Norm ist 1 Berater pro 10.000 Einwohner) und Selbstbekundungen der Drogenberater als „gut bis ausreichend“ bewertet. Für Menschliches fehlt der Studie Herz, Hirn, Sprache. „Insbesondere für Menschen mit komplexen Problemlagen, zu denen Drogenabhängige in der Mehrzahl (!!!) zählen, wird die Hilfeerbringung von gesellschaftlichen Prozessen beeinflußt.“ (whow) Oder: „Das Besprechungswesen ist durch zahlreiche regelhafte Besprechungsformen charakterisiert, die den Informationsaustausch im Arbeitsalltag sicherstellen.“ Erst wenn es um „Controlling“, „Evaluation“, „Kontraktmanagement“ oder zynisch um „Kundenorientiertheit“ geht, flutschen die Sätze. Egal. Die Bremer Sozpäds verdienen Lob. Und in Sachen Erfolgskontrolle und Finanzierung (mehr durch Sozialversicherungen zur Entlastung Bremens!) gibt die Studie Tips.

Das Bremer BIPS ermittelte die Zahl der Drogensüchtigen. Rund 4.400 Menschen traten im Zeitraum eines Jahres in Kontakt mit medizinischen, sozialen und/oder juristischen Institutionen der Stadt aufgrund einer Sucht. Das sind 0,79 Prozent der Bevölkerung. Der Drogenhilfeplan der Stadt ging von der Zahl 2.000 Plus X aus. Konsequenzen? Die 1.100 Süchtige, die von 10/96 bis 9/97 ausschließlich einen „medizinischen Kontakt“ genossen haben, könnten durch aufmerksame Ärzte öfter an soziale Beratungsstellen verwiesen werden.

bk