Silvio Berlusconi wird erneut verurteilt

Ein Mailänder Gericht befindet den Medienmogul der Bestechung für schuldig. Der Ex-Regierungschef sieht sich als politisch Verfolgter. Die Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten bleibt ihm erspart  ■ Aus Rom Werner Raith

Harsche Strafen für den mailänder Großunternehmer Silvio Berlusconi, einige seiner Manager und mehrere Finanzbeamte: Zwei Jahre und neun Monate verhängte das Mailänder Landgericht gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten, zwischen sechs Monaten und drei Jahren gegen die übrigen Verurteilten. Damit blieb das Gericht nur wenig unter den vom Staatsanwalt geforderten Straßmaß von drei Jahren. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen, darunter Berlusconis Bruder Paolo.

Die Richter sahen es als erwiesen an, daß Berlusconi und seine Manager persönlich über die von einigen unteren Chargen des Unternehmens eingestandenen Schmiegeldzahlungen informiert waren oder diese gar angeordnet hatten. In allen Fällen, die in den späten 80er und frühen 90er Jahren spielen, war es um Vorteile für Berlusconis Holding Fininvest gegangen, als die Finanzämter Betriebsprüfungen durchführten; gezahlt worden war umgerechnet etwa eine halbe Millione Mark.

Das Verfahren war von Anfang mit pikanten Attributen durchsetzt. Die Einleitung einer formalen Ermittlung gegen Berlusconi erfolgte Ende 1994 in seiner Zeit als Regierungschef, die diesbezügliche Mitteilung des Gerichts wurde ihm zugestellt, als er in Neapel der UNO-Weltkonferenz gegen Drogen vorsaß. Dieser Aspekt dient Berlusconi als Beweis für die persönliche politische Voreingenommenheit der Mailänder Staatsanwälte gegen ihn: die hätten ihn zu demontieren versucht.

Während des Verfahrens gab es mehrere Befangenheitsanträge, die zwar alle zurückgewiesen wurden, den Vorsitzenden Richter nach einer mißratenen Bemerkung aber doch zum Rückzug veranlaßten, so daß der Prozeß neu begonnen werden mußte. Als sich die Beweislast immer mehr gegen Berlusconi neigte, kündigte dieser der Regierung die Zusammenarbeit bei der Verfassungsreform auf. Doch die Mailänder Richter ließen sich nicht beeindrucken.

Es ist die erste sozusagen konkrete Strafe, die gegen Berlusconi verhängt wird. Bereits im Dezember 1997 war er wegen Verstoßes gegen das Rundfunkgesetz und Bilanzmanipulation zu einem Jahr und vier Monaten sowie umgerechnet 60.000 Mark Geldbuße verurteilt worden. Doch diese Strafe war inzwischen durch einige Amnestien verwirkt.

In den nächsten Wochen werden zwei weitere Verfahren gegen Berlusconi in erster Instanz abgeschlossen, eines davon mit dem Vorwurf der Anlage schwarzer Kassen in der Schweiz, wo mehr als 20 Millionen Dollar Schmiergelder für Beamte, Politiker und Richter bereitgehalten worden sein sollen.

Nach der Urteilsverkündung ließ Berlusconi über seinen Anwalt und seine Pressestelle erklären, das Urteil sei der definitive Beweis, daß die amtierende Regierung die Justiz benutze, um ihn als Führer der Opposition auszuschalten: „Von jetzt an wird unser Kampf nicht mehr der Kampf gegen die Regierung sein, sondern der gegen ein Regime.“ Um seine Freiheit muß Berlusconi noch nicht fürchten: gerade ist eine Änderung des Strafverfahrensrechts in Kraft getreten. Danach werden Verurteilungen bis zu drei Jahren Haft künftig nicht mehr ausgeführt. Die Betroffenen werden zu einer „sozial nützlichen Arbeit“ abgestellt oder können die Strafe im Hausarrest absitzen.