Die Platte bleibt unverkleidet

■ Der Bezirk Mitte will die Karl-Marx-Allee nicht durch das Planwerk Innenstadt verschandeln lassen und ihre Struktur sowie ihr Aussehen erhalten. Geringe bauliche Eingriffe geplant

Für das Wohngebiet „Karl- Marx-Allee, 2. Bauabschnitt“ will der Bezirk Mitte ein Bebauungsplanverfahren einleiten. Geprüft werden soll außerdem die Notwendigkeit einer Milieuschutzverordnung und – ein Novum – einer Erhaltungsverordnung zum Schutz der Plattenbaufassaden vor der Unkenntlichmachung durch wärmedämmende Verkleidungen.

Das Gebiet an der Karl-Marx- Allee ist das erste Wohngebiet des DDR-Städtebaus in Berlin, weshalb der Bezirk dessen städtebauliche Eigenart erhalten will. An diesem Bereich machen sich exemplarisch die unterschiedlichen Positionen im Umgang mit der städtebaulichen Nachkriegsmoderne der Stadt fest, so die Argumentation.

Während das Planwerk Innenstadt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf den historischen Stadtgrundriß zurückgreifen will und dabei die „Königsstadt“ als „ehrgeizigstes Vorhaben“ bezeichnet, sieht der Bezirk in dem Gebiet eine „klar definierte soziale und städtebaulich-räumliche Einheit“, die untrennbarer Bestandteil der Stadtentwicklungsgeschichte Berlins sei.

Deshalb soll die offene, aufgelockerte und durchgrünte Ordnung der Moderne auch künftig das Grundgerüst für die Gebietsentwicklung bilden, bauliche Maßnahmen sollen sich der vorhandenen acht- bis zehngeschossigen Bebauung unterordnen.

Als „Reminiszenz an den Straßengrundriß vor 1945“ gesteht der Bezirk die Herausarbeitung von Orten und Fußwegebeziehungen zu, die allerdings das bestehende Ensemble nicht stören sollen. Eine Wiederherstellung alter Verkehrsstraßen durch das Wohngebiet lehnt der Bezirk eindeutig ab.

Während ein B-Plan-Verfahren die bezirklichen Ziele sichern soll, wird zum Schutz der Plattenbauten eine städtebauliche Erhaltungsverordnung erwogen. Durch Wärmedämmungsmaßnahmen sind bereits etliche der Plattenbauten in ihrer äußeren Form erheblich verändert. Er sei erschrocken gewesen, sagte Mittes Baustadtrat Thomas Flierl, wie bereitwillig Eigentümer den kulturllen Wert der Immobilien gemindert hätten – an den Hochhausscheiben der Moderne wären „kleinstädtische Ornamente aus anderen Epochen“ einfach deplaziert.

Es sei jedoch schon erfreulich, kommentierte Flierl, daß die erste Planungswerkstatt zu diesem Gebiet nicht mehr unter den historischen Bezeichnungen „Königsstadt“ oder „Stralauer Vorstadt“ angekündigt worden sei und daß es der Senatsverwaltung nicht mehr um einen „Masterplan“, sondern um die „Herstellung gesellschaftlichen Konsenses“ gehe. Die Planungswerkstatt habe aber auch gezeigt, daß sich ein solcher „Konsens“ nicht gegen die Eigentümer durchsetzen lassen wird, die kein Interesse an der Wiederherstellung eines historischen Grundrisses hätten.

Auch sei die vom Planwerk propagierte Eigentumsbildung dort kein Thema, denn die hat gerade stattgefunden: Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte hatte dort Plattenbauten u.a. an eine Genossenschaft privatisiert. Ulrike Steglich