„Kernkraft ist ethisch begründbar“

■ Auf einem Hearing zu Atommülltransporten in Stade beweisen Umweltministerium und Preag ihren Glauben in die Technik

Walter Hirches Glaube in die Technik ist unerschütterlich. Der FDP-Mann geht zwar davon aus, daß im vergangenen Jahrzehnt von fünf Atomtransporten aus deutschen Atomkraftwerken zu Wiederaufarbeitungsanlagen in England und Frankreich immerhin einer verstrahlt war. Auch kenne er, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, zweieinhalb Monate nach Bekanntwerden des Atommüll-Skandals immer noch nicht die Ursache der radioaktiven Verunreinigung. Höchstwahrscheinlich sei sie in den „Umständen der Naßlagerung“ zu suchen. Für Hirche kein Grund zur Besorgnis: Die tausendfache Grenzwertüberschreitung sei „in den Griff zu bekommen“, eine „Gesundheitsgefährdung von Begleitpersonal oder Bevölkerung hat es nicht gegeben“, und die „Kernkraft ist ethisch begründbar“.

Behauptungen, die viele der mehreren hundert Versammelten beim öffentlichen Hearing des Kreistags Stade zu Brennelemente-Transporten am Montag abend wütend stimmte: „Wenn ich ein Gerät betreiben würde, das in einem von fünf Fällen erhöhte Radioaktivität abgibt, würde nur noch die Staatsanwaltschaft mit mir reden“, griff ein Physiker aus dem Publikum Hirche und die neben ihm sitzende Pressesprecherin des Atomkonzerns Preussen Elektra (Preag), Petra Uhlmann an.

Uhlmann führt den Skandal auf ein „reines Kommunikationsproblem“ zurück und sieht „keinen Grund“, die derzeit „im Einvernehmen mit dem Bundesumweltministerium“ ausgesetzten Atommülltransporte wieder losfahren zu lassen, „sobald wir den Zehn-Punkte-Plan des Bundesumweltministeriums umgesetzt haben“. Das könnte schon bald sein, warnte Niedersachsens Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD): „In Niedersachsen gibt es zehn genehmigte Transporte, die jederzeit losgehen könnten.“ Weil die Transportgenehmigung Sache des Bundes sei, seien der Landesregierung die Hände gebunden. Doch habe Niedersachsen in der AKW-Stadt Stade das Beladen der Behälter im AKW untersagt, so daß „faktisch kein Transport raus kann“. Problematisch könnte es im nächsten Jahr werden, wenn die internen Lagerkapazitäten des AKWs erschöpft sind. Seine Partei, so Jüttner, sei deswegen dafür, sich auf einen „Endlagerstandort“ festzulegen, „das machen wir in den nächsten Monaten“.

Renate Backhaus, BUND-Landesvorsitzende in Niedersachsen, sprach sich für ein Meldesystem bei Grenzwert-Überschreitungen auf Atom-Transporten aus, das ähnlich wie bei AKW-Störfällen funktioniere. Heike Haarhoff