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IWF wird selbst zum Schuldner

■ Die Finanzhilfe für Rußland bringt den Internationalen Währungsfonds an die Grenzen seiner finanziellen Möglichkeiten. Er muß sich daher Geld von seinen Mitgliedern leihen. Deutschland gibt 4,8 Milliarden Mar

Berlin (taz/AP) – Der Internationale Währungsfonds (IWF) gerät in finanzielle Nöte. Durch die neuen Kreditzusagen an Rußland seien die Rücklagen des IWF bedroht, sagte Stanley Fisher, stellvertretender Generaldirektor der Finanzorganisation, am Montag abend in Washington. Deswegen könne der IWF die Rußland zusätzlich zugesagten 17 Milliarden US-Dollar nicht selbst aufbringen, sondern müsse dafür den Sonderfonds der elf finanzstärksten Mitgliedsländer anzapfen.

Auf diesen Sonderfonds – die sogenannten General Arrangements to Borrow (GAB) – hatten sich ursprünglich zehn Länder 1962 geeinigt; später kam die Schweiz zu dem G10 genannten Club hinzu. Aus diesem nur virtuell existierenden Fonds wollten die Länder der Gruppe sich bei Bedarf gegenseitig helfen. Im finanziellen Notfall können sich die Staaten Sonderziehungsrechte (SZR) von den Bruderstaaten leihen. Sonderziehungsrechte sind die Kunstwährung des IWF, die sich aus fünf Währungen zusammensetzt. Das GAB haben zum letzten Mal die USA 1978 in Anspruch genommen. Seit 1983 können alle IWF- Mitgliedstaaten die GAB nutzen.

1997 hatten sich die G10 mit 14 weiteren Ländern auf die New Arrangements to Borrow (NAB) geeinigt. Über 17 Milliarden SZR (41 Milliarden Mark) sollten in Not geratenen IWF-Mitgliedern nun zur Verfügung stehen. Die NAB konnten aber bislang nicht umgesetzt werden, da die USA ihren Beitrag von 3,4 Milliarden Dollar verweigern.

Rußland wäre das erste Land, dessen Kredite aus dem Notfallfonds gespeist werden. IWF- Direktor Michel Camdessus hat dazu bereits die Kreditgeberländer angesprochen, darunter auch den deutschen Finanzminister Theo Waigel. Der habe dem Anliegen zugestimmt, war aus dem Finanzministerium zu hören. Deutschlands Beitrag belaufe sich auf zwei Milliarden SZR (4,8 Milliarden Mark), sagte ein Sprecher. Das Geld kommt nicht aus dem Haushalt des Finanzministers, sondern die Bundesbank räumt dem IWF einen Kredit ein.

IWF-Kenner glauben, daß der Fonds in Wirklichkeit gar nicht so klamm ist, sondern daß Camdessus den Mitgliedsländern lediglich drohen will. Bis Januar 1999 müssen die Staaten nämlich die von Camdessus eingeforderte Erhöhung der Quoten ratifizieren. Die Quoten sind die Einzahlungen der Mitgliedsländer in den Fonds. Deutschland hat dies bereits getan, nicht jedoch die USA, die eine Sperrminorität haben. Ohne die Quotenerhöhung aber wird es für den IWF tatsächlich eng. Noch hat er nach eigen Angaben 43 Milliarden Dollar. ufo

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