Der Anti-Fleurop-Mann

■ Sein Blumenbringdienst „Dead Flowers“ versaut Menschen gründlichst den Tag

Torsten Schulz lächelt sein „Blumen sagen mehr als Worte“ mit Hintersinn. Er hat den „etwas anderen Blumenbringdienst“ gegründet. „Dead Flowers“, zu deutsch: Tote Blumen. Ein Geschäft nach dem Motto: „Wir helfen Ihnen, jemandem den Tag zu versauen.“

Für seine neue Lebensaufgabe hat der moderne Anti-Fleurop-Mann den „Sicherheitstechniker“ schon vor Monaten an den Nagel gehängt. Seither liefert er traurige Sträuße zu traurigen Anlässen; allerdings noch in mäßigem Umfang. Für die kleine Enttäuschung halten er und Partnerin Katja Kaars durchaus die Rose parat – mit Hängekopf. Auch wer nach dem großen Tiefschlag austeilen will, ist bei „Dead Flowers“ richtig. Das passende Bouquet kommt im Quadratmeter-Ausmaß, Marke welk bis Rottestadium, mit entsprechender Duftnote – und garantiert aufsehenerregend. „Das ist unseren Kunden und Kundinnen wichtig“, sagt der Blumenbote. „Die wollen doch jemandem eins auswischen.“

Sein Outfit hat Torsten Schulz entsprechend gestaltet: Er tritt als Mischung aus Blues-Brothers und Totengräber auf; schwarz-weiß oder jedenfalls in gedeckten Farben. Immer mit Hut und Sonnebrille – auch, damit ihn nicht jeder wiedererkennt. „Es geht ja nicht um mich.“ Demnächst soll noch ein dicker Ami-Schlitten her, damit auch die Nachbarn der Beschenkten Anlaß zu Fragen haben. „Den Wagen suchen wir noch“, sagt der Blumennovize.

An seinen ersten Auftrag erinnert er sich nur noch schemenhaft. „Das war in Horn.“ Die Lieferung geschah im Auftrag eines 20jährigen an die Adresse der 17jährigen Freundin, überlegt er. „Die hat sogar gelächelt, als ich ihr den Strauß überreicht habe.“ Aber nein, Mitleid mit der einen oder anderen Seite, mit den KundInnen oder EmpfängerInnen, erlaubt er sich nicht, obwohl er den Anlaß für seine Blumenbotschaften eingermaßen genau kennt. „Wir beraten ja entsprechend.“ Und: „Manchmal liefern wir später sogar frische Versöhnungsblumen.“

Schulz ist nicht nur Lieferant. Die KundInnen wollen auch wissen, wie der Haß-Gruß angekommen ist. Da niemand das telefonische „Dankeschön“ vom Beschenkten erwartet, erstattet Schulz selbst Bericht. „Das gehört zum Service“ – ebenso wie die Blumenübergabe im unpassendsten Moment. Im Finanzamt, bei der Geburtstagsfeier in der Kneipe – oder wenn der Versicherungskaufmann gerade eine Konferenz hält. „Dem haben wir den Strauß vor 40 Gästen überreicht“, grinst Schulz. Sich dafür vor die Tür setzen zu lassen, gehört für ihn schon fast zum guten Ton – wie übrigens auch die telefonische Voranmeldung beim Opfer. Die Zeit, wo man sich über angekündigte Sträuße unbeschwert freuen durfte, ist damit endgültig passé. ede

Dead-Flowers 169 18 70