Bahn streicht Personal und Züge

■ 20.000 Stellen will die DB AG in diesem Jahr abbauen. Die Landesregierungen protestieren parteiübergreifend gegen den geplanten Wegfall vieler Verbindungen im Fernverkehr

Frankfurt (rtr/AP/taz) –Erst streicht die Bahn die Fahrpläne zusammen und danach ihr Personal. Die DB AG will im laufenden Jahr deutlich mehr Arbeitsplätze abbauen als bisher angenommen. 1998 sollten im Konzern insgesamt 20.000 Stellen wegfallen, sagte der Personalvorstand Horst Föhr gestern in Frankfurt am Main bei der Vorstellung des Personal- und Sozialberichts des Konzerns. Über 10.000 Jobstreichungen seien bereits realisiert. Die restlichen Arbeitsplätze sollen durch Vorruhestandsregelungen und Fluktuation abgebaut werden. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht geplant, versicherte Föhr.

Noch im Dezember hatte die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) für 1998 mit etwa 15.000 Stellenstreichungen gerechnet. Damals hatten rund 285.000 Leute einen Arbeitsvertrag bei der DB AG. Außerdem will die DB AG auf den Flexi-Zug aufspringen und verstärkt befristete Arbeitsverträge abschließen; die waren in dem Unternehmen bisher unüblich. Zur Zeit gibt die Bahn nach eigenen Angaben etwa 49 Prozent für Personal aus.

Die GdED will am Freitag mit dem Bahnvorstand über ein neues Beschäftigungsbündnis verhandeln. Die Gewerkschafter fürchten, daß die am Dienstag bekanntgewordenen Streichpläne im Fernverkehr 1.000 Jobs kosten werden. Föhr nannte das eine „gegriffene Zahl“. Ziel der Bahn sei, ein nachfragegerechtes Angebot zu schaffen. Es sei „nicht sinnvoll“, Nah- und Fernverkehrszüge parallel fahren zu lassen, wenn beide nur wenig ausgelastet seien. Auf die internen Papiere, die einen Abbau der Fernverkehrsverbindungen um ein Fünftel vorsehen, ging er nicht ein. Föhr sagte, der Bahn- Vorstand wolle über Folgen für Arbeitsplätze erst dann sprechen, wenn man wisse, was bei den Gesprächen mit den Bundesländern herauskomme.

Die reagierten gestern ausgesprochen frostig auf die Absicht der Bahn, viele Interregio-Verbindungen abzuschaffen. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner (SPD), warf der Bahn vor, sie versuche, Kosten auf die Länder zu verlagern. Der bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) betonte, Bayern sei nicht bereit, die Defizite im Fernverkehr zu finanzieren. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann forderte die Bahn und die Bundesländer auf, gemeinsam ein tragfähiges Konzept zu entwickeln.

Dabei sollten alle Beteiligten berücksichtigen, daß nicht jede Strecke nur nach einzelwirtschaftlichen Kriterien beurteilt werden könne, sondern ein attraktives Gesamtangebot für Nah-, Fern- und Regionalverkehr anzubieten sei, sagte Wissmanns Sprecher Veit Steinle in Bonn. Bahn-Vorstandsmitglied Axel Nawrocki versicherte im ZDF-Mittagsmagazin, es werde keine Entscheidung geben, die nicht zuvor mit den Ländern besprochen worden sei. Alleingänge seien nicht geplant. aje