Kein Platz für den American way of sports

Zu laut und zu gefährlich? Die Hamburger BaseballerInnen haben es schwer, zwischen Bebauungsplänen und Bürgerinitiativen ihrem Sport nachzugehen  ■ Von Edwin Feindt

Die rund 600 Base- und SoftballspielerInnen in Hamburg haben ein Problem: Sie benötigen einen eher quadratischen Sportplatz. Weil aber Fußball des Deutschen liebster Sport ist, gibt es nur rechteckige Spielfelder. Deshalb ist es leidiger Usus, daß beim Base- bzw. Softball meist das rechte Außenfeld (Rightfield) kürzer ist, ganz zu schweigen von der unzureichenden Ausstattung mit Ballfanggittern (Backstops) oder gar Wurfhügeln (Mount). „Selbst das kleinste Provinznest in den USA ist besser ausgestattet als wir“, beklagt sich Christian Opitz, Präsident des Hamburger Baseball- und Softball-Verbandes (HBV).

Doch die Base- und SoftballerInnen haben einen unermüdlichen Kämpfer auf ihrer Seite: Uwe Sals, Sportreferent im Bezirksamt Eimsbüttel. Seit Jahren unterstützt er die Interessen der Liebhaber des amerikanischen Volkssports in seinem Bezirk. Doch bisher ist es ihm nicht gelungen, für sie einen Platz zu finden, der den Richtlinien des deutschen Verbandes entspricht. Dabei gibt es einige hoffnungsvolle Versuche.

Die Leidensgeschichte der Sportler begann 1993: Eine Anwohnerin beklagte sich über die Bälle, die von einem anliegenden Sportplatz in ihren Garten flogen. Die Gefährlichkeit des Baseballsports für Leib und Gut der Anwohner wurde erkannt. Daraufhin sperrte das Bezirksamt den Platz der Lokstedt Stealers an der Döhrnstraße, die immerhin in der 1. Bundesliga um den deutschen Meistertitel kämpften. Auf der Suche nach einem Ausweg kamen Sals und der HBV auf die Idee, den Sportplatz Brummerskamp in Schnelsen zu einer regulären Baseballanlage auszubauen.

Seit etlichen Jahren nutzten die Hamburg Knights den Platz für Punktspiele und Training. Seine Vorzüge: Da er neben der A 23 liegt, gibt es wenig Anrainer, deren Domizile zudem durch Bäume geschützt waren. Trotzdem gab es Ärger mit den AnwohnerInnen: Sie fühlten sich plötzlich durch laute Musik und unangenehme Schlaggeräusche in ihrer samstäglichen Ruhe gestört. Und so zog eine flugs gegründete Bürgerinitiative vors Verwaltungsgericht.

Sals und die beteiligten Vereine unternahmen alles mögliche, um die Anwohner zu beschwichtigen: Die Stealers und Knights durften nur mit bestimmten Alu-Keulen schlagen und leise Musik spielen. Doch umsonst! Obwohl in der Zwischenzeit das Bezirksamt eine durchaus passable Anlage mit aufwendigem Backstop und Mount errichtet hatte – gemunkelt wird von einer sechsstelligen Summe –, verbot das Verwaltungsgericht 1996 die Nutzung der Anlage für Erst- und Zweitligaspiele: Der vom TÜV gemessene Geräuschpegel würde über den zulässigen Werten der Sportanlagenlärmschutzverordnungliegen.

Da besann man sich auf den Bebauungsplan. In ihm war, als mittelfristiges Projekt, Niendorf 70 als Base- und Softball-Leistungszentrum eingeschrieben. Doch der Versuch, das kleine Brachland direkt in der Einflugschneise Süd hinter der Mercedes-Niederlassung auszubauen, scheiterte frühzeitig: Der Stadt fehlte das Geld für die Erschließung einer Zufahrtstraße. Und Miete und Platzaufbau überschritten das finanzielle Potential der beiden Vereine und des HBV.

Um 1996 den Spielbetrieb nicht zu gefährden, wurde den Baseballlern kurzerhand der Vereinsplatz des Niendorfer TSV am Bondenwald zur Verfügung gestellt, zum Mißfallen der Niendorfer. Für Tausende von Mark wurde ein Spielfeld errichtet, das kaum die Anforderungen eines Baseballplatzes erfüllt: „Wir mußten 600 Mark Strafe für ein zu kurzes Rightfield und nicht überdachte Spielerunterstände bezahlen“, erklärt Eckard Reile, Manager der Stealers; eigentlich hätten sie 5000 Mark zahlen müssen, doch aus Kulanz verzichtete der deutsche Verband und erteilte die Bundesligalizenz, für 1998 jedoch zum letzten Mal. Hinzu kamen Klagen von Anwohnern über zerbrochene Glasscheiben, zerbeulte Autos oder, wie Abteilungsleiter Rüdiger Galgsties von den Knights zu berichten weiß, „weil wir die falsche Musik spielen würden“.

Doch Uwe Sals gibt nicht auf: „Wir wollen den Stealers die Möglichkeit geben, auch 1999 in der 1. Bundesliga zu spielen.“ Deshalb stellte er am 25. Mai im Ortsausschuß Lokstedt sein neuestes Projekt vor: Schnelsen 63. Das ist ein baumumstandenes Grundstück, eingerahmt von A 7, Gut Wendlohe, 70er-Jahre-Wohnsiedlung sowie einigen Einfamilienhäusern. Seit Jahrzehnten werden die 250.000 Quadratmeter als Getreidefeld genutzt. In fünf Jahren sollen dort die Niendorfer und Schnelsener zur letzten Ruhe gebettet werden. Denn Schnelsen 63 ist im Flächennutzungsplan als Friedhof ausgewiesen.

Doch kaum vorgestellt, regte sich schon der Protest gegen das fünfjährige Provisorium, das das Überleben der BaseballerInnen in Eimsbüttel sichern soll. Anwohner befürchten eine Zunahme des Straßenverkehrs, die Grünen fürchten um die Umwelt, denn das Gelände steht unter Landschaftsschutz (wie im übrigen fast die gesamte Wohngegend in Niendorf-Schnelsen). Da nützt es nichts, daß Sals statt Asphalt nur Kies nehmen, die Tribünen aus dem Erdaushub aufschütten und einen Container fürs Equipment hinstellen will. Nun befürchten die Baseballer, Opfer der rot-grünen Koalition zu werden: Die SPD, die einen Baseballplatz befürwortet, werde sich den Grünen anschließen, damit diese wenigstens im Kleinen ihre umweltpolitischen Ziele durchsetzen können. Und so warten alle auf die Ergebnisse der Lärm- und Umweltverträglichkeitsgutachten, die das Bezirksamt in Auftrag gegeben hat.

Von diesen Problemen unbeleckt ist der Osten der Hansestadt. Hier errichtete auf der Sportanlage Mittlerer Landweg das Bezirksamt Bergedorf gemeinsam mit den Vereinen Benign's und Marines einen Baseballplatz, der europäischem Standard entspricht. Backstops im vorgeschriebenen Abstand zum First Base, Stehtraversen für die ZuschauerInnen, überdachte Spielerunterstände, Rasen und vieles mehr.

Nicht nur die Anlage gilt als vorbildlich für Norddeutschland, „auch die Zusammenarbeit zwischen den Vereinen und Bezirksamt lief fast reibungslos ab“, loben Mark Baumann von den Marines und Lars Krämer von den Benign's. Auch Bezirksamtssprecher Otto Steigleder betont: „Wir haben 600.000 Mark in die Anlage gesteckt, aber ohne die Eigenleistungen beider Vereine würde sie nicht so dastehen.“ Während die Stadt für die Erdbauarbeiten zuständig war, verlegten die SpielerInnen Stromkabel und errichteten Holzzäune, Schlagübungskäfig und Dug-outs.

Einen gravierenden Vorteil haben die Bergedorfer gegenüber den Eimsbüttlern: Die Anlage liegt im Grünen, lediglich eine neuapostolische Kirche, eine Schule und vier Häuschen stehen in der Nachbarschaft herum. Da können sich nur Fuchs und Hase über Lärmbelästigung beklagen.