■ Argumente gegen den Transrapid
: Tempo 430 bringt kein Wirtschaftswunder

Bis Ende September will der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) 90.000 Unterschriften sammeln, damit sich das Berliner Parlament erneut mit dem Transrapid befassen muß. Die taz läßt ExpertInnen zu Wort kommen, die die Argumente für den Transrapid widerlegen.

Das Argument: Der Transrapid vernetzt die Wirtschaftsräume Berlin und Hamburg, und das ist gut für die Ökonomie.

Dieses Argument ist ebenso betagt wie ausdiskutiert: Das Zusammenspiel von Ökonomie und Erreichbarkeit ist im Zeitalter wachsender Geschwindigkeit und sinkender Transportpreise nicht endlos steigerbar. Hängen alle großen Metropolen einigermaßen gleich gut am Verkehrsnetz, sind, bei steigenden Kosten, nur geringe zusätzliche Effekte möglich. Aufstieg und Fall von Wirtschaftsräumen gehorchen ohnehin nicht der Logik von Maschinensystemen, die man in der Hoffnung auf kalkulierte Outputs (Investitionen, Umsätze, Beschäftigung) mit immer mehr Inputs (Autobahnen, Schnellbahnen, Flughäfen) füttert. Es ist daher fraglich, ob die Magnetbahn zwischen Berlin und Hamburg ein neues Städtenetz kreiert. Interessant wären höchstens die Verteilungseffekte – also die Frage, welche der beiden Metropolen vom neuen Anschluß profitiert. Hier kommen die Besonderheiten Berlins ins Spiel, das es bisher nicht aus eigener Kraft zu einer „Global City“ gebracht hat. Es kann gut sein, daß der Mehrwert dem stärkeren Partner Hamburg zugutekommt. Auch würde die Schnellbahn die Spaltung des Wirtschaftsraums Berlin/Brandenburg verschärfen: Dem starken Zentrum fehlt der regionale Unterbau.

Ferngesteuerte ökonomische Inseln einzupflanzen, macht hier aber wenig Sinn. Im Grunde wäre es wichtiger, Metropole und Peripherien wirtschaftsräumlich zu integrieren – als sinnvolle Ergänzung zur Weltmarktorientierung, gerade wo schlüssige Alternativen nicht in Sicht sind. Die Fixierung auf den globalen Markt und die hohen Geschwindigkeiten verhindern aber eine angemessene Wertschätzung der regionalen Produktivität. Oder wollen wir auch lokale Teilökonomien (Handwerk, Dienstleistung) dem Weltmarkt preisgeben? Brauchen wir unsere Brötchen ernsthaft aus dem Industriegebiet im brandenburgischen Perleberg oder Hamburg-Harburg? Markus Hesse

Der Autor forscht in Berlin/Brandenburg zu Raum-Zeit-Strukturen und Mobilität der modernen Gesellschaft. Publikationen zu Verkehrswende, Raumentwicklung, Wirtschaftsverkehr