Rußland macht Grenzen dicht für alte Autos

Weil das Parlament in Moskau nur eine kleine Steuererhöhung beschließen wollte, erließ Präsident Jelzin ein Dekret. Der IWF verlangt schließlich für seinen Milliardenkredit eine strenge Haushaltssanierung  ■ Aus Moskau Klaus-Helge Donath

„Leider wird der Präsident keinen ruhigen Urlaub haben“, prophezeite Sergej Kirijenko. Vergeblich hatte der russische Premier noch am Freitag versucht, die Abgeordneten vor der Sommerpause zur Annahme maßgeblicher Änderungen in der Steuergesetzgebung zu bewegen.

Seit zwei Wochen befaßt sich die Duma nunmehr mit einem Antikrisenprogramm der Regierung, das dem klammen Fiskus 30 Milliarden Mark Mehreinnahmen einbringen sollte. Das Parlament billigte allerdings lediglich Maßnahmen, die ein Viertel der geplanten Summe umfassen. Und davon kommt wiederum nur ein Bruchteil dem föderalen Haushalt zugute. Den Löwenteil kassieren dagegen die Verwaltungen in den Regionen.

Am Wochenende griff Präsident Jelzin per Dekret ein und machte die von der Duma auf 30 Prozent herabgesetzte Gewinnsteuer wieder rückgängig. Zuvor hatte der aufgebrachte Premier angekündigt, man werde mit Präsidialdekreten und Regierungsverfügungen das Haushaltsloch stopfen, wenn sich das Parlament weiterhin sträube. Für die Bewilligung eines neuen Kredits hatte der IWF von Rußland auch eigene Anstrengungen verlangt, den Haushalt zu sanieren. Heute entscheidet der Direktorenrat des IWF endgültig über die Vergabe eines 22,6 Milliarden-Dollar-Kredits.

Immerhin bestätigte die Duma in dritter Lesung die Einführung einer umstrittenen Verkaufssteuer von fünf Prozent. Casinos und Spielautomaten unterliegen ab sofort der Besteuerung. Der Immobilienhandel, das Dienstleistungsgewerbe und die Werbeindustrie können sich ebenfalls nicht mehr am Fiskus vorbeimogeln. Die Erhöhung der Bodensteuer, die dem Staat drei Milliarden Mark eingespielt hätte und von der Duma abgelehnt wurde, hat Präsident Jelzin inzwischen per Ukas verfügt.

Darüber hinaus wurde die Anhebung der Zölle um weitere drei Prozent beschlossen. Dadurch erhöhen sich die Zölle für Importwaren auf bis zu dreißig Prozent. Rechnet man die Mehrwertsteuer von 20 Prozent noch hinzu, sind Importe für die meisten Bürger und fastende taz-Mitarbeiter nicht mehr erschwinglich.

Die Regierung hofft, auf diese Weise die brachliegende heimische Produktion längerfristig wieder anzukurbeln. Um der russischen Autoindustrie aufzuhelfen, wird ab 1. September gar die Einfuhr von Autos, die älter sind als fünf Jahre, gänzlich verboten.

Als Solidarabgabe der Besserverdiener gedenkt Kirijenko noch eine zusätzliche Steuer auf Pkws mit überdurchschnittlichem Hubraum und auf Mobiltelefone zu erheben.