Die CSU will den Grünen Jesus streitig machen

■ Ein grünes Wahlplakat gegen Innenminister Günther Beckstein läßt die CSU nicht ruhen

Nürnberg (taz) – Mit allen Mitteln will die CSU die Bündnisgrünen zwingen, auf deren Plakatslogan „Beckstein würde auch Jesus abschieben“ zu verzichten.

In Nürnberg, der Heimatstadt des wegen seiner rigiden Abschiebepolitik umstrittenen CSU-Innenministers Günther Beckstein, will die CSU den Grünen drei Sitze in den Stadtratsausschüssen entziehen, sollte das Plakat geklebt werden. Davon unbeeindruckt entwickelt sich das Plakat zum Renner. „Die Erstauflage in Höhe von 2.000 Exemplaren ist bereits vergriffen, in den nächsten Tagen wird nachgedruckt“, kündigt Alexander Burger, Pressesprecher der bayerischen Bündnisgrünen, an.

Die große Nachfrage versetzt die CSU derart in Rage, daß das Plakat für die Landtagswahlen am 13. September bereits die Kommunalpolitik in Nürnberg erreicht hat. In alter Tradition hatten dort die Bündnisgrünen von der jeweiligen Mehrheitsfraktion Ausschußsitze zugestanden bekommen. Bis 1996 von der SPD, danach von der CSU. Da das umstrittene Plakat „den führenden CSU-Politiker Nürnbergs“ treffe und „eine Kränkung aller christlich geprägten Menschen beinhalte“, hätte eine Unterstützung des Plakats durch die grüne Stadtratsfraktion eine „ernsthafte Beeinträchtigung“ des Verhältnisses beider Parteien zur Folge, betonte der CSU-Fraktionsvorsitzende Clemens Gsell. Er forderte die Grünen auf, die drei ihnen überlassenen Ausschußsitze „zu räumen und von uns neu besetzen zu lassen“. „Kampflos geben wir die Sitze nicht her“, kontert die bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende und Landtagskandidatin Christine Stahl.

Die Nürnberger Grünen wollen wie geplant am 28. Juli darüber entscheiden, ob sie das Plakat einsetzen. „Wir haben jede Menge Bestellungen auch aus kirchlichen Kreisen“, betont Stahl.

Sie hält das Plakat inhaltlich für „absolut richtig“, wegen der Personifizierung auf Beckstein aber „nicht für glücklich“. Die Solidaritätsadresse führender Kirchenmänner für Beckstein versteht sie jedoch nicht: „Auch sie haben keinen Alleinverwertungsanspruch auf Jesus.“

Der angegriffene bayerische Innenminister, der sich selbst stets als „praktizierenden Christen“ begreift und in der Landessynode der evangelischen Kirche Bayerns sitzt, empfindet das Plakat als „blasphemisch und eine Gemeinheit“. Dabei erhielt er volle Rückendeckung von seiner Partei, die künftig alle Podiumsdiskussionen mit Bündnisgrünen boykottieren will. Auch sprangen Landesbischof Hermann von Loewenich, der Präsident der evangelischen Synode in Bayern, Dieter Haack (SPD), sowie das Erzbischöfliche Ordinariat in München dem Innenminister bei. In letzter Zeit mehren sich jedoch kirchliche Stimmen, die angesichts der rigiden Ausländer- und Asylpolitik der CSU das Plakat in Ordnung finden. Bernd Siegler

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