Kommentar
: Pyrrhussieg der Islamisten

■ Teherans Bürgermeister wurde zu einer Haftstrafe verurteilt

Der mutigste Manager der Islamischen Republik, der Robin Hood von Teheran, der Gelehrte ohne Turban – so wurde und wird der bisherige Teheraner Bürgermeister Gholam Hossein Karbaschi beschrieben. Denn Karbaschi hatte während seiner achtjährigen Amtszeit das Unmögliche geschafft. Als die Regierung ihn nach Teheran holte, da war die Metropole kaum zu retten: Müllprobleme, chaotischer Verkehr und Wohnungsmangel waren so drückend, daß die Regierung plante, die Hauptstadt zu verlegen. Karbaschi hatte versprochen, Teheran zu retten. Heute ist Teheran die sauberste Metropole der Dritten Welt. Daß gerade Karbaschi wegen Mißwirtschaft verurteilt wurde, zeigt, wie verblendet seine konservativen Gegner sind. In einem durch und durch korrupten Staat wurde nun ein Manager wegen Veruntreuung verurteilt, dem niemand nachweisen konnte, auch nur einen Pfennig in seine eigene Tasche gewirtschaftet zu haben.

Dieses Urteil ist ein Pyrrhussieg für die Islamisten. Fast jeder Iraner ist über die Akte Karbaschi informiert, mehr als 90 Prozent der Bevölkerung hatten die Gerichtsverhandlung im staatlichen Fernsehen verfolgt. Alle haben gesehen, wie parteiisch der Vorsitzende Richter den Prozeß führte. Er war Vernehmungsrichter, Staatsanwalt und Richter zugleich, mehr Ankläger als schweigender Richter. Dagegen schien Karbaschi nicht Angeklagter, sondern ein höflicher, informierter und redegewandter Manager zu sein. Daß man Karbaschi verurteilen würde, war erwartet worden. Überraschend ist allerdings die Höhe der Strafe. Dieses Urteil zeigt, daß die konservativen Islamisten Staatspräsident Chatami um jeden Preis von seinen Vertrauten isolieren wollen.

„Sollte das Gericht mich zu einer Geldstrafe verurteilen, sind Millionen Iraner bereit, die Strafe für mich zu übernehmen; sollte das Gericht mich vom Dienst suspendieren, kann ich mich endlich meinen Studien widmen; sollte das Gericht mich zu einer Gefängnisstrafe verurteilen, habe ich keine Angst, denn ich kenne das Gefängnis des alten und des neuen Regimes“, sagte Karbaschi in seiner letzten Verteidigungsrede. Nun ist er zu allem verurteilt worden. Von der politischen Bühne Irans wird er trotzdem nicht verschwinden. Eine Revision ist möglich, und da muß Staatspräsident Chatami beweisen, wie mächtig er ist. Ali Sadrzadeh

Der Autor ist Redakteur des Hessischen Rundfunks