Keine Unterstützung für geduldete Flüchtlinge

■ Nach Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes sollen geduldete Flüchtlinge nur noch sechs Wochen Unterkunft und Verpflegung bezahlt bekommen

Geduldete Flüchtlinge sollen es zukünftig schwerhaben: Nach dem Inkrafttreten des neuen Asylbewerberleistungsgesetzes Anfang nächsten Jahres plant die Sozialverwaltung die Einstellung aller Sozialleistungen. In einem internen Rundschreiben an die Sozial- und Jugendämter, das der taz vorliegt, heißt es, daß Betroffenen „noch eine angemessene Frist zu gewähren sei. Dann erfolgt die Leistungseinstellung, das gilt auch für die Kostenübernahme für das Heim.“ Damit sind Flüchtlinge gemeint, die nach Auffassung der Sozialverwaltung lediglich eingereist sind, um Sozialleistungen zu bekommen, sowie solche, die ihre Ausreise zu verhindern versuchen, zum Beispiel durch das Verbrennen ihres Passes.

Im Klartext: Betroffene erhalten, sobald das Gesetz in Kraft ist, von der Ausländerbehörde die Aufforderung, nach maximal sechs Wochen das Land zu verlassen. Bleiben sie dennoch, sollen sie nach dem Willen von Sozialstaatssekretärin Verena Butalitakis keine Unterstützung mehr bekommen. Sie dürfen bereits jetzt nicht arbeiten. „Allenfalls kann die Kostenübernahme für ein bis zwei Nächte in einer Obdachloseneinrichtung in Betracht kommen, bis die nächste Ausreisemöglichkeit besteht. Danach jedoch wird die Leistung endgültig verweigert“, heißt es in dem Papier. Lediglich „die medizinisch unabweisbar gebotene Hilfe“ soll noch gewährt werden. Doch wieviel Flüchtlinge betroffen sind, ist unklar. Weder die Sozialverwaltung noch Flüchtlingsinitiativen lassen sich auf eine Schätzung ein, wieviel Flüchtlinge aus welchen Staaten von der Gesetzesnovelle zukünftig betroffen sind. Christoph Abele, Sprecher der Sozialverwaltung, verweist dabei auf „ausstehende Absprachen mit der Innenverwaltung“. Die Gefahr der Obdachlosigkeit sieht Abele nicht, denn die Leistung werde nur solchen Menschen entzogen, die freiwillig ausreisen könnten. In Berlin leben rund 40.000 geduldete Flüchtlinge, so die Ausländerbehörde. Etwa die Hälfte davon sind bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge.

Bereits jetzt, so Klaus-Jürgen Dahler von der Bürgerinitiative für ausländische MitbürgerInnen Hohenschönhausen, erhielten Vietnamesen und Kosovo-Albaner in Einzelfällen keine Sozialhilfe mehr, wenn ihnen die Botschaften ihrer Herkunftsländer keine Pässe ausstellen. Bislang konnte man dagegen jedoch erfolgreich klagen. Das sei bei der neuen Gesetzeslage schwer möglich. Dahler: „Die Leistungsverweigerung könnte viel neue vietnamesiche Zigarettenverkäufer erzeugen.“

Die bündnisgrüne Wilmersdorfer Stadträtin Martina Schmiedhofer kann in dem Rundschreiben der Staatssekretärin nur einen Entwurf erkennen, der juristisch noch nicht durchdacht ist. „Als Sozialamt haben wir aus ordnungspolitischen Gründen dafür Sorge zu tragen, daß Menschen nicht gegen ihren Willen obdachlos werden.“ Auch Helga Walter (Köpenick) und Gisela Grunwald (Pankow) erklären das Rundschreiben im Namen der SPD- und PDS-SozialstadträtInnen für rechtswidrig. Grundwald (PDS): „Die SachbearbeiterInnen im Sozialamt können nicht noch Motivforschung betreiben, warum jemand hierher gekommen ist.“ Walter (SPD) gibt zu denken: „Wen ich zur Ausländerbehörde schicke, dem muß ich doch wenigstens Fahrgeld mitgeben, wenn ich ihn nicht zum Rechtsbruch nötige.“ Marina Mai