Das Portrait
: Der erste „Paparazzo“

■ Tazio Secchiaroli

Daß er das Vorbild des „Ur- Paparazzo“ war, wußte im Gewerbe jeder. Weniger bekannt ist, daß er die Scoop- Fotografie schon bald an den Nagel hängte, nachdem seine Figur des allpräsenten Bilderräubers in Fellinis Film „La dolce vita“ weltberühmt geworden war. Fortan fotografierte er vorwiegend Hof- portraits und Galaserien.

Tazio Secchiaroli, der am Freitag im Alter von 73 Jahren in Rom starb, hatte schon früh erkannt, zu welch enormem Erfolg unerwartete Schnappschüsse von VIPs führen können. Er war einer der ersten auf dem Alten Kontinent, der Berühmtheiten systematisch auflauerte und dies oft genug mit Ohrfeigen und Fußtritten bezahlte. Wochenlang etwa lag er im Hinterhalt, um Ava Gardner mit ihrem neuen Galan Walter Chiari zusammen aufs Bild zu kriegen.

Fellini, der den einprägsamen Namen „Paparazzo“ für den Fotoreporter in seinem Film über das „Süße Leben“ erfand, wurde auf den jungen Mann nicht nur aufmerksam, weil alle Berühmtheiten über dessen ständiges Auflauern meckerten, sondern weil der damals 25jährige unglaubliche Geschichten von seinem Beruf zu erzählen wußte.

Und so gingen auch tatsächlich zahlreiche Episoden von „La dolce vita“ auf Berichte Secchiarolis zurück – vom angeblichen „Madonnenwunder“ in Terni über das legendäre nächtlichen Bad Anita Ekbergs in der Fontana di Trevi und dem Striptease des Filmsternchens bei der abendlichen Party. Mit dem 1962 erschienen Fellini-Film wurde der vordem geschmähte „Paparazzo“ plötzlich zum heißumworbenen Starfotografen. Sophia Loren wählte ihn sich ebenso zum Leibfotografen wie Brigitte Bardot, Michelangelo Antonioni zog ihn genauso allen anderen vor wie Carlo Ponti.

Zu seinen „Enkeln“, den heutigen Paparazzi mit ihren hochauflösenden Kameras und der Sucht nach Profit, hatte Secchiaroli am Ende ein eher gespaltenes Verhältnis: Wenig sportlich fand er sie, und wenn man zu seiner Zeit für ein Sensationsfoto gerade mal 3.000 bis 4.000 Lire bekam, machte das gar nichts: „Wichtig war die Befriedigung, gute Arbeit geleistet zu haben.“ Manchmal vermutete er, daß er den „Paparazzi“-Beruf vor allem deshalb aufgegeben hat, weil ihm die Folgen des Fotografierens und Publizierens um jeden Preis immer unkalkulierbarer erschienen. Werner Raith