Neues Asylprogramm der Briten

Der britische Innenminister will mit großzügigen Aufenthaltsgenehmigungen den Rückstau an Asylverfahren auflösen – und gleichzeitig die Bedingungen verschärfen  ■ Von Bernd Pickert

Berlin (taz) – Der britische Innenminister Jack Straw hat im Unterhaus ein neues Programm zur Asyl- und Migrationspolitik vorgestellt. Das derzeitige System, mit 76.000 laufenden Asylverfahren völlig überlastet, sei ein „Scherbenhaufen“, sagte Straw am Montag abend. Mehr als 10.000 Asylbewerber warten schon seit über fünf Jahren auf eine erste Entscheidung über ihren Antrag. Sie sollen allein aufgrund dieser Wartezeit nunmehr mit einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung ausgestattet werden. 20.000 weitere, die zwischen Juli 1993 und Dezember 1995 Asyl beantragt haben, sollen zunächst eine auf vier weitere Jahre befristete Genehmigung erhalten. Straws Ziel ist es, den Rückstau unerledigter Verfahren so abbauen zu können, daß die Wartezeit bis zur Entscheidung eines Asylantrages bis zum Jahr 2001 nur noch bei zwei Monaten liegt. Bis zur Entscheidung über einen eventuellen Widerspruch sollen maximal vier Monate vergehen.

Gleichzeitig zu diesen entlastenden Maßnahmen soll jedoch die Behandlung der im Verfahren verbleibenden Asylbewerber verschärft werden. Analog zum deutschen Verfahren sollen sie zukünftig dezentral untergebracht werden und nur noch minimale finanzielle Unterstützung erhalten. Versorgt werden sie statt dessen auf Güterbasis – etwa mit Lebensmittelgutscheinen. „Ein echter Asylsuchender braucht Essen und Unterkunft, keinen Scheck“, sagte Straw. Wie in Deutschland dürfen Asylbewerber auch in Großbritannien nicht arbeiten.

Das „White Paper“ über Migration und Asylpolitik, das die Regierung vorgelegt hat, enthält noch weitere Vorschläge. So sollen künftig Britannien-Besucher aus Übersee für die Erteilung eines Visums eine Kaution hinterlegen müssen, die ihnen erst bei der Ausreise wieder ausgehändigt wird. Außerdem sollen Schlepperorganisationen und Schwarzarbeit bekämpft werden und die Migrationsbehörden größere polizeiliche Befugnisse erhalten.

Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen haben gestern unterschiedlich auf die Vorschläge reagiert: Der britische Flüchtlingsrat kritisierte, die neuen Modalitäten liefen Gefahr, „teuer, schwerfällig und chaotisch“ zu sein. Es sei sinnvoller, Asylbewerbern eine Arbeitserlaubnis zu erteilen. Amnesty international fürchtete, die von der Regierung angekündigte Ausweitung der Arbeit mit Verbindungsleuten im Flugbetrieb könnte echte Asylbewerber daran hindern, Großbritannien je zu erreichen.