Der große US-Autostreik ist vorbei

■ General Motors und US-Gewerkschaft einigen sich: Konzern verspricht Investitionen und verzichtet auf Fabrikschließungen. Arbeiter wollen produktiver werden und nicht mehr streiken

Washington (taz) – General Motors (GM) und die Gewerkschaft der US-amerikanischen Automobilarbeiter UAW haben Frieden geschlossen. Sieben Wochen nach Beginn des Streiks in einer Karrosseriestanzerei in Flint (Michigan) ist es am Dienstag zu einer Einigung zwischen der UAW und dem größten Automobilbauer der Welt gekommen.

Die Gewerkschaft teilte mit, GM verpflichte sich zu Investitionen in Höhe von 300 Millionen Dollar in einem Zulieferwerk. GM werde außerdem ein Werk für Ersatzteile in Flint und zwei Produktionsstätten in Dayton (Ohio) nicht vor dem Jahr 2000 verkaufen. Im Gegenzug sicherte die UAW zu, diese Werke nicht zu bestreiken sowie die Produktivität zu steigern.

Teil der Einigung ist ein Abkommen über eine Verbesserung der Beziehungen zwischen dem Konzern und der UAW. Danach sind regelmäßige Gespräche auf hoher Ebene geplant, um Streiks rechtzeitig abzuwenden.

Der Streik hatte schnell auf ein zweites Werk in Flint übergegriffen und dann wegen fehlender Teile 27 der 29 Fließbänder von General Motors in Nordamerika sowie rund 100 Zulieferbetriebe lahmgelegt. Dies führte zur vorübergehenden Arbeitslosigkeit von nahezu 200.000 Arbeitern in den USA, Kanada und Mexiko. Der längste und teuerste Streik bei GM seit 28 Jahren bescherte dem Autokonzern einen Einnahmeverlust von zwei Milliarden Dollar.

Die UAW wehrte sich gegen die drohende Verlagerung von Produktion sowie die Auslagerung von Maschinen. GM wollte die Produktivität erhöhen und dazu Arbeitsabläufe rationalisieren sowie mehr Fertigteile von anderen Firmen ankaufen.

Der Streik wurde mit hohem Einsatz geführt. GM hatte geklagt und geltend gemacht, daß der Tarifvertrag einen Streik nicht zulasse, die Gewerkschaft bestand auf der Erfüllung von Zusagen, die weitere Investitionen in die Fabriken von Flint vorsahen. Eine vom Gericht angeordnete Schlichtung hätte für die je unterlegene Seite teuer werden können. Die Rücknahme der Klage ist Bestandteil der Einigung.

Hintergrund des Streiks bilden Umwälzungen in der US-amerikanischen Automobilproduktion. GM stellt in zu vielen Werken (29) zu viele Modelle (57) mit zu vielen kleinen Abweichungen her – die Chassis weichen zum Teil nur um Millimeter voneinander ab. Nicht nur die Produktpalette muß ausgedünnt werden – der Cadillac Eldorado ist ein legendäres Gefährt, aber kaum noch jemand kauft das alte Schlachtschiff –, sondern GM möchte seine Autos auch aus weniger Einzelteilen in weniger Werken zusammenbauen.

Ein für nächstes Jahr geplanter Trucktyp sollte zugleich zu einer neuen Form der Produktion führen. Ein Grundmodell sollte die Basis für eine ganze Serie von Fahrzeugen abgeben, von schweren Geländefahrzeugen bis hin zu den populären leichten Sports Utility Vehicles. Die neue Produktpalette wäre mit 25 Prozent weniger Teilen in nur fünf Werken hergestellt worden. Tausende von Arbeitsplätzen wären weggefallen. Die UAW aber hatte in den letzten Jahren mit GM Mitbestimmungsvereinbarungen getroffen, die sie ebenso wie alte Standorte und Arbeitsplätze gefährdet sah. Peter Tautfest