Die Karibik beendet den Kalten Krieg

■ Die Karibikreise von Fidel Castro steht im Zeichen von Aussöhnung. In den USA feiert die Anti-Castro-Front neue Triumphe

Berlin (taz) – Wenn Kubas Staatschef Fidel Castro am Wochenende in der kleinen Karibikinsel Grenada eintrifft, markiert dieser Besuch ein historisches Ereignis. Die Karibik zieht unter den Kalten Krieg offiziell einen Schlußstrich. Grenada ist der einzige Ort, an dem sich in den fast 40 Jahren seit Castros Revolution in Kuba tatsächlich kubanische und US-amerikanische Soldaten in einem militärischen Gefecht gegenüberstanden: 29 Kubaner, 18 US- Soldaten und 45 Grenadiner starben, als die USA 1983 in einer militärischen Invasion die marxistische Regierung Grenadas aus dem Amt jagte.

Doch geschah das nicht allein auf Initiative der USA: Die Regierungen der umliegenden Nachbarinseln hatten damals die US-Invasion offiziell erbeten. Der schlagkräftigste Beweis für die kommunistische Gefahr, die von der kleinen, Muskatnuß anbauenden Insel drohte, war damals das von Fidel Castro gesandte Hilfskontingent kubanischer Bauleute und Militärs.

Eben diese Kubaner, die im bewaffneten Kampf gegen die US- amerikanischen Boten von „freedom and democracy“ ihr Leben ließen, wird Fidel Castro nun in Grenada als geladener Staatsgast der Regierung offiziell gedenken.

Die Zeiten haben sich geändert. Wenn das sozialistische Kuba heute noch für die übrigen Karibikstaaten eine Bedrohung ist, dann als mächtige Konkurrenz im Tourismus-Business. Ansonsten jedoch stehen die Zeichen auf Zusammenarbeit. Gerade Jamaika, wo Castro am Mittwoch zur ersten Etappe seiner Karibiktour eintraf, hat eine wichtige Rolle bei der Annäherung Kubas an die Wirtschaftsgemeinschaft der Caricom- Staaten gespielt.

Auch für die jüngste Verbesserung der Beziehungen Kubas zur Europäischen Union hatten die Karibikstaaten große Bedeutung. Nicht zuletzt dank der Rückendeckung durch die Inselstaaten der Region erhielt Kuba einen Beobachterstatus im Rahmen des Lomé-Abkommens, mit dem die Europäische Union (EU) Exporten aus ihren ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem Pazifik Vorzugsbedingungen einräumt.

Bei seiner Karibikvisite kann Fidel Castro bei allen Staaten der Region auf eine klare Verurteilung der US-amerikanischen Embargo- Politik zählen – auch bei jenen, die einst die diplomatischen Beziehungen mit dem revolutionären Nachbarstaat abgebrochen oder noch 1983 die US-Invasion in Grenada unterstützt hatten. Die USA, so die Botschaft der Reise, stehen mit ihrem Festhalten an einer aggressiven Kalte-Krieg-Politik gegen Kuba allein.

Dabei war auch in den USA selbst in der vergangenen Woche die bisherige Politik der Wirtschaftssanktionen gegen mißliebige Staaten ernsthaft unter Druck geraten. Der demokratische Senator Christopher Dodd hatte im US- Senat, nicht zuletzt unter dem Druck der Agrarlobby, eine Gesetzesvorlage ein- und durchgebracht, die Nahrungsmittel und Medikamente von allen US-Sanktionen gegen andere Länder ausnimmt. Doch am Ende der Sitzung triumphierten doch noch die unversöhnlichen Anti-Castro-Hardliner unter Führung der exilkubanischen „Nationalstiftung“ (CANF). Sie setzten einen Zusatz zu der Gesetzesvorlage durch, wonach Kuba von einer solchen Lockerung des Embargos ausgenommen ist.

Auch nach dem Tod ihres Gründers und langjährigen Führers, Jorge Mas Canosa, bleibt die reaktionäre „Kubano-Amerikanische Nationalstiftung“ ein Faktor ersten Ranges für Washingtons Kuba-Politik. Bei der massiven Lobbyarbeit der letzten Wochen blieb der neue offizielle Präsident der „Nationalstiftung“, Francisco Hernández, blaß. Im Hintergrund profilierte sich ein anderer als der neue starke Mann der mächtigsten politischen Organisation des kubanischen Exils: Jorge Mas Santos, der Sohn des verstorbenen Mas Canosa. Bert Hoffmann