Steter Tropfen höhlt die Altlast

Bei Karstadt Altona leckt's durch die Decke: Zwangsversteigerung des EKZ Frappant soll städtebaulichen Neuanfang ermöglichen  ■ Von Sven-Michael Veit

Er sei „sehr gespannt“, was mit dem Einkaufszentrum (EKZ) Frappant in der Neuen Großen Bergstraße passiere, sagt Curt Zimmermann, Stadtplanungschef des Bezirks Altona. Es sei „die letzte Chance für die ganze Gegend“, sagt der Hamburger Immobilienmagnat und Großinvestor Dieter Becken, der in unmittelbarer Nähe eine neue Wohnungs- und Ladenzeile plant. Wenn das „hier so weitergeht“, sagt Siegfried Despineux, Geschäftsführer der Karstadt-Filiale im Frappant, „ziehen wir aus“.

Die drei Herren warten auf den 18. September: Dann soll vor dem Amtgericht Altona der Betonkoloß mit 47.000 Quadratmetern Laden-, Büro- und Parkfläche „zu dem Verkehrswert i.H.v. DM 83.000.000“ unter den Hammer kommen. Eine Summe, die mancher Experte „für unrealistisch“ hält. Denn das Frappant könne, so das Gutachten einer Hamburger Immobilienfirma, „in weiten Teilen als so nicht mehr nutzbar“ angesehen werden.

Nachdem der Eigentümer, die Amsterdamer Firma Betonbyggen B.V., über Jahre hinweg das Gebäude verkommen ließ, sei es „schlicht als Rohbau“ zu bezeichnen. Asbestbelastungen, die nur zum Teil behoben wurden, und ein undichtes Parkdeck, von dem Regenwasser in die darunterliegenden Etagen sickert, erforderten Sanierungen mit einem Aufwand von etwa 35 Millionen Mark, meint der Gutachter. Die Gegenexpertise einer Hamburger Rechtsanwältin spricht hingegen von lediglich 25 Millionen Mark.

Am schlimmsten leckt es bei Karstadt. Dort wurden an mehreren Stellen, so der Gutachter, „an den Deckenleckagen Wannen gebaut, die das Leckwasser auffangen. Von diesen Wannen führt eine Ableitung in das Entwässerungssystem“. Deshalb habe man, bestätigte Karstadt-Geschäftsführer Despineux gestern der taz, „die Miete gemindert“. Statt der geforderten rund 465.000 Mark pro Monat zahlt der Kaufhaus-Konzern seit über einem Jahr nur noch etwa 432.000 Mark. „Da wurde zwar voriges Jahr was am Parkdeck gemacht“, sagt Despineux, „aber es tropft stetig weiter“.

Deshalb droht Karstadt, der letzte verbliebene große Mieter im EKZ, nach Ende des Zeitvertrages 2003 mit dem Auszug. Es sei denn, man könne sich mit dem Eigentümer auf eine Absenkung der Jahresmiete von derzeit gut fünf Millionen Mark verständigen: „So um die zwei Millionen“ schweben Des-pineux vor.

Inzwischen steht der Klotz aus den frühen 70ern fast vollständig leer, die Büros sind seit Jahren verwaist, die meisten Geschäfte ebenfalls. Als bislang letzter Mieter zog vor vier Wochen die Noris-Bank aus, in eine schicke neue Filiale im Mercado. Zwangsverwalter Thorsten Köhler von der Süddeutschen Bodencreditbank hofft dennoch auf jemanden, der am 18. September „so etwa 80 Millionen“ springen läßt. Denn das ist die Summe, mit der Betonbyggen bei der Münchner Bank in der Kreide steht.

Köhlers Kreditinstitut wäre dann „aus dem Schneider“, der Bezirk Altona aber noch lange nicht. Sollte das Gebäude „nicht bald in verantwortungsvolle Hände kommen“, sagt Dieter Becken, „droht das Ende der ganzen Straße“. Stadtplaner Zimmermann hätte auch nichts gegen einen Abriß der Altlast: „Dann könnte man da städtebaulich was Sinnvolles machen.“