„Man muß nur wissen, wer welches Gerät hat“

■ Leopold Abraham, Ingenieur bei der Österreichischen Mineralölverwaltung (ÖMV) und Leiter des Bohrteams, über Versäumnisse und Möglichkeiten, in Zukunft besser für den Ernstfall gerüstet zu sein

taz: Herr Abraham, Sie waren mit Ihrem Team für die Bohrung des Versorgungsschachtes zuständig. Was passiert jetzt?

Leopold Abraham: Wir haben unsere Arbeit erledigt. Mit den Hammerbohrungen, die jetzt folgen sollen, haben wir nichts zu tun. Den Versatzschacht, der gegraben wird, macht eine deutsche Firma.

Sind Sie auf Schrägbohrungen spezialisiert?

Wir können gerade, ordentlich gezielte Bohrungen ansetzen. Wir bohren runter, lenken ab und kommen in die Waagerechte. In dem Tunnelgewirr, das kreuz und quer geht und in verschiedenen Höhen liegt, kann man nicht einfach gerade runterbohren. Da kommt man durch mehrere überflutete Stollen durch. Es gibt natürlich die Möglichkeit, das Wasser schockzugefrieren. Da kann man dann durchbohren. Der Schacht ist aber so präzise gewesen, daß wir dort eingetroffen sind, wo wir es uns vorgestellt hatten.

Mehr als eine Woche Dauereinsatz. Wie hält man das durch?

Meine Leute waren am Sonntag abend völlig fertig. Aber als es hieß: Jetzt brauchen wir noch eine Infrarotkamera, da ist trotzdem jeder sofort gelaufen und hat geschaut, ob er nicht einen Freund hat, der eine haben könnte. Die Gendarmerie hat so etwas für die Flüchtlingsbeobachtung. Aber die hat keine 150 Meter Kabel.

Man sprach viel über Chaos in den ersten Tagen der Rettungsaktion. Was kann man aus den Fehlern lernen?

Man muß sich jetzt überlegen, ob man nicht eine professionelle Bergungstruppe für Österreich auf die Beine stellt, die weiß, wo notwendiges Equipment liegt.

Gibt es dafür Vorbilder?

Es hat einmal in Deutschland so etwas gegeben, geleitet von einem Mitarbeiter der Ruhrkohle AG. Da die aber von staatlichen Zuschüssen abhängig sind, müssen sie sparen. Und da wird leider auch bei der Sicherheit gespart. Mit diesem Experten wollen wir jetzt eine Firma gründen, die weiß, wo man das Gerät herkriegt, die sich ständig mit der neuesten Technik beschäftigt. Und wenn was passiert, steht da eine Truppe, die sich auskennt. Wir sind heute Europäer – in jedem Land gibt es Bergwerke, die das sicher auch brauchen können. Das Gerät braucht man nicht zu kaufen, man muß nur wissen, wer was hat. Schwere Pumpen etwa, die auch Schlamm mitnehmen können. Wenn dann was geschieht – ab in den Flieger zum Unglücksort. Was glauben Sie, was ich in der letzten Zeit an Werkzeugen herbeigeschafft habe, weil ich Adressen habe von tausend Leuten. Die habe ich zu Hause angerufen, und die Dinge wurden in der Nacht herbeigeschafft. Interview: Ralf Leonhard