Putschversuch im Kongo Kabilas Verbündete meutern

■ Vor einem Jahr hatten sich Tutsi-Truppen mit Rebellenchef Kabila gegen den Diktator Mobutu verbündet. Den Präsidenten Kabila wollen sie jetzt wieder loswerden

Berlin (taz) – In der Demokratischen Republik Kongo, dem früheren Zaire, haben sich Teile der Militärführung gegen Präsident Laurent-Désiré Kabila gestellt. In drei Städten im Osten des Landes rebellierten Einheiten der Banyamulenge- Tutsi, der früheren Kerntruppe der kongolesischen Armee. Ein Sprecher sagte gestern in einem Interview mit Reuters, man werde Kabila nicht mehr als Regierungschef akzeptieren. Dieser habe das Land nach seiner Machtübernahme in den Abgrund geführt.

Die Banyamulenge-Tutsi haben sich offenbar mit Tutsi-Truppen aus dem Nachbarland Ruanda zusammengeschlossen, die als ehemalige Verbündete Kabilas noch immer im Kongo stationiert sind. In der Nacht von Sonntag auf Montag lieferten sie sich in Goma, Bukavu und südlich von Uvira Kämpfe mit Kabila-treuen kongolesischen Truppen. In der letzten Woche hatte Kabila – angeblich nach Putschgerüchten – entschieden, die ruandischen Truppen auszuweisen. Sie hatten im vergangenen Jahr entscheidend zum Sieg Kabilas über die 31jährige Mobutu-Herrschaft beigetragen.

Zu Schießereien zwischen ruandischen und kongolesischen Soldaten kam es auch in der Hauptstadt Kinshasa. Der Außenminister Kongos, ein Tutsi, floh nach Südafrika. Die Regierung ordnete eine Ausgangssperre an.

Doch während Kabila die Lage in Kinshasa anscheinend unter Kontrolle hat, bleibt die Situation im Osten des Landes explosiv: Dort dominieren die Soldaten der Banyamulenge die kongolesischen Militärstrukturen. Wenn die Banyamulenge mit der ruandischen Armee gemeinsam kämpfen, dürfte es für die kongolesische Armee schwierig werden, sich bei den Auseinandersetzungen durchzusetzen.

Die Beziehungen der Kabila-Regierung zu den ehemaligen Verbündeten Uganda und Ruanda sind seit dem vergangenen Jahr merklich abgekühlt. Spannungen traten aber erst zu den Feierlichkeiten der Machtübernahme Kabilas offen zutage. Uganda und Ruanda boykottierten einen von Kabila organisierten Regionalgipfel und blieben auch der Feier am 17. Mai fern.

Inzwischen ist es vor allem in den beiden östlichen Kivu-Regionen immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der ruandischen und der kongolesischen Armee gekommen. Dabei ist der festgefahrene ruandische Konflikt zwischen Hutu und Tutsi eine der Hauptursachen der Spannungen. Denn die Hutu-Milizen, die für den ruandischen Völkermord von 1994 verantwortlich waren, destabilisieren Ruanda nach wie vor – die kongolesische Region Kivu war lange ihr Rückzugsgebiet. Gerüchte halten sich hartnäckig, daß Ruanda die Kivu-Region, die an das kleine Ruanda angrenzt, annektieren will.

Mit der militärischen Eskalation wächst die Gefahr, daß das Riesenreich Kongo, sechsmal so groß wie Deutschland, zerfällt. Eine Abspaltung des Kivu würde die Spannungen in der Region der großen Seen nochmals verschärfen. Die Mehrheit der kongolesischen Bevölkerung würde eine solche Entwicklung nicht akzeptieren. Daniel Stroux