American Pie
: Der große Astro

■ Randy Johnson, bester Baseball-Pitcher der Major League, will endlich Meister werden

Them good ol' boys were drinking whiskey and rye

Baseball-Profi Ken Griffey jr. konnte nicht sehr lachen, als er beim All-Star-Game im Rahmen der Jay-Leno-Show gefragt wurde, ob er nicht viel besser dastünde, wenn er ab und zu gegen Mariners Pitcher antreten könnte. Der schlagstarke Griffey spielt nämlich bei den Seattle Mariners, einem Team, das mit großen Ambitionen in die Saison gestartet war, inzwischen aber kaum noch Hoffnung auf einen Platz in den Play-offs hat. Erst recht nicht, seit am letzten Wochenende Randy Johnson an die Houston Astros abgetreten wurde. Der 2,06 Meter große Johnson, von den Fans liebevoll „Big Unit“ genannt, war gewiß nicht gemeint, als von den harmlosen Mariners-Pitchern die Rede war. Der 34jährige, der mit Bart und langen Haaren aussieht wie ein Mitglied der frühen Allman Brothers, verfügt über den härtesten Wurf in der Major League. Sein Fastball erreicht 98 Meilen pro Stunde, hinzu kommt ein heimtückischer Slider, der ihn zum gefürchtetsten Baseball- Pitcher der Gegenwart macht.

Dennoch wollten ihn die Mariners, deren Aushängeschild er fast zehn Jahre lang war, aus Altersgründen nicht mehr haben. Im letzten Winter weigerten sie sich, ihm einen neuen Vertrag zu geben, ließen ihn aber auch nicht zu einem anderen Klub gehen. Beides erboste Johnson mächtig. Er spielte schwächer als gewohnt, was immer noch für die meisten Strikeouts der Liga reichte, war miserabel gelaunt, und brach sogar eine Schlägerei mit einem Teamkollegen vom Zaun, weil dieser sein Radio zu laut drehte. Erst als die Mariners ihre Saison abhaken konnten, ließen sie Johnson endlich ziehen, und zwar zu einem hohen Preis, den nur Houston zahlen wollte. Gleich drei Riesentalente gaben die Astros an Seattle ab, und dies für einen Pitcher, der ihnen wohl nur zwei Monate zur Verfügung steht. Nach der Saison wird Johnson free agent und versuchen, sich irgendwo einen dicken Mehrjahresvertrag zu angeln.

„Wir haben unsere Zukunft für unsere Gegenwart geopfert“, räumt Larry Dierker ein, der Astros-Manager ist aber sicher, daß sich die Sache lohnt. Mit bisher 67:45 Siegen spielt die Mannschaft die beste Saison ihrer Geschichte und darf vom Gewinn der World Series träumen. Auf dem Weg dorthin schied Houston letztes Jahr gegen die Atlanta Braves aus, nicht zuletzt, weil ein Pitcher fehlte, der den Braves-Assen Maddux, Glavine und Smoltz etwas entgegensetzen konnte.

Johnsons Debüt am Sonntag im Match bei den Pittsburgh Pirates zeigte, daß die Hoffnungen ihre Berechtigung haben. Kaum dem Flugzeug entstiegen, spielte der neue Werfer eine große Partie und schaffte 12 Strikeouts beim 6:2-Sieg. In Houston sind viele überzeugt, daß „Big Unit“ genau der Baustein ist, der zur Meisterschaft fehlte. „Mit ihm ist es das beste Team, für das ich je gespielt habe“, sagt Jeff Bagwell.

Randy Johnson selbst geht mit gewohnter Gelassenheit an die neue Arbeitsstelle heran. „Mein Job ist ein Stück Kuchen im Vergleich zu dem meiner Frau in Seattle“, ließ er wissen, „wir haben drei Kinder, und jedesmal, wenn ich anrufe, höre ich die Kids brüllen und Dinge im Hintergrund zu Bruch gehen.“ Matti Lieske