■ Kommentar
: Gezinkte Fahrkarten

Natürlich hat die BVG recht. Daß sie mit dem Semesterticket keine Miesen machen will – wer wollte es ihr verdenken. Also ließ sie ausrechnen, was Berlins Studenten bislang in ihre Kasse spülten; diesen Betrag will sie nun auf alle 136.000 Schultern gleichmäßig verteilen. Das ist das Prinzip des Semestertickets, so funktioniert es in anderen Uni-Städten auch.

Wenn das Ticket aber, wie es der neue Verkehrsverbund wünscht, die Stadtgrenze überschreiten soll – dann wechseln BVG und S-Bahn plötzlich die Argumente. Daß sich bislang kaum ein Student in die ferne Zone C, geschweige denn in die äußeren Gefilde Brandenburgs verirrte, daß ein Ticket für ganz Berlin und Brandenburg nach der Umlage-Logik also nur geringfügig teurer sein dürfte – das zählt auf einmal nicht mehr. Dann wird plötzlich mit Entfernungen argumentiert, obwohl die Studenten allenfalls Regionalbahnen füllen, die sonst halb leer durch die Mark führen. Ebensowenig sticht das Argument, Berliner Studenten interessierten sich ohnehin nicht für Cottbus: Fahren sie nicht hin, verursachen sie auch keine Kosten.

Die BVG spielt also mit gezinkten Karten. Offenkundig fürchtet sie einen Fahrgastzuwachs, der kein zusätzliches Geld bringt, womöglich aber Kosten verursacht. Dieses Denken ist kurzsichtig: Nicht wenige Studenten, die das Semesterticket in die U-Bahn lockt, dürften diesem Verkehrsmittel auch nach dem Diplom treu bleiben. Daß der neue Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg der BVG das Heft des Handelns jetzt aus der Hand nimmt, unbeschwert von unternehmerischen Eigeninteressen und bürokratischen Altlasten, das könnte sich nicht zuletzt für die BVG selbst als Glücksfall erweisen – auch wenn sie es noch nicht begriffen hat. Ralph Bollmann Bericht Seite 18