Die neuen Gesichter der Rebellion gegen Kabila

■ Der Aufstand im Kongo hat eine Führung. Viele sehen in der Mischung aus ehemaligen Mobutu-Anhängern, Oppositionellen und früheren Kabila-Alliierten nur Marionetten Ruandas

Berlin (taz) – Der Widerstand gegen Kongos Präsidenten Laurent Kabila hat ein Gesicht. Am Mittwoch abend präsentierte sich in der Stadt Goma in der ostkongolesischen Region Nord-Kivu der Oppositionspolitiker Athur Z'Ahidi Ngoma als „Präsident der Bewegung“. Die Rebellion gehe mitnichten nur von den Banyamulenge-Tutsi aus, es sei vielmehr ein Aufstand „des gesamten kongolesischen Volkes“. Auch sei es nicht ein „Krieg Ruandas, das den Kivu kolonisieren will, sondern einer aller Kongolesen“.

Ngoma ist Vorsitzender der Oppositionspartei „Force de Future“. Nach der Machtübernahme Kabilas wurde Ngoma im November letzten Jahres verhaftet und zusammen mit weiteren populären Oppositionspolitikern ins Gefängnis gesteckt. Im Mai diesen Jahres wurde er freigelassen uund reiste nach Frankreich aus – die anderen blieben in Haft.

Es ist ein ganzes Komitee aus Altpolitikern des Mobutu-Regimes, traditionellen Oppositionspolitikern und ehemaligen Alliierten Kabilas, die sich da in Goma als Führung der Revolte eingerichtet haben. An der Seite Ngomas steht offiziell der vor einigen Tagen geflohene Außenminister Bizima Karaha, ein Banyamulenge. Mit von der Partie sind auch der ehemalige Präsident der einstigen Rebellenallianz AFDL, Bugera, und Altpolitiker wie der finanzkräftigste Minister des ehemaligen Mobutu-Regimes, Tambwe Mwamba.

Immer deutlicher wird, daß der Aufstand von langer Hand geplant ist, um Kabila zu Fall zu bringen. Seit zwei Wochen schon versuchen Vertreter der Banyamulenge, die Bevölkerung des Kivu davon zu überzeugen, gegen den Diktator Kabila den Kampf aufzunehmen – mit mäßigem Erfolg. Zu groß ist in der Bevölkerung die Angst, ja die Gewißheit, daß eigentlich Ruanda mit seinen Bestrebungen, den Kivu zu annektieren, hinter der Rebellion steckt.

Die USA riefen inzwischen die Nachbarländer des Kongo auf, dessen territoriale Integrität zu respektieren und sich aus dem Konflikt herauszuhalten. Die Vereinigten Staaten, verkündigte State-Department-Sprecher James Foley, seien besorgt über die Berichte, daß ruandische Truppen beteiligt sind. In der ruandischen Grenzstadt Gisenyi, bei Goma, wurden derweil nach AP-Berichten US- amerikanische Militärberater neben den ruandischen Truppen gesichtet.

Die Rolle der USA gibt ohnehin zu denken auf: Als Alliierte und Rückgrat von Uganda und Ruanda haben sie Kabila vor einem Jahr zur Macht verholfen, während Frankreich bis zur letzten Minute Mobutu zur Seite stand. Der Bürgerkrieg wurde auch als ein Kampf um Einflußsphären zwischen Frankreich und den USA gesehen – die sich inzwischen deutlich von Kabila distanziert haben.

Heute berichten Vertreter ziviler Organisationen im Kivu der taz, sie seien schon in den letzten Wochen mehrfach von US-Amerikanern angesprochen und auf eine Rebellion vorbereitet worden. „Der Aufstand“, hätten die US- Vertreter prophezeit, „werde nicht allein stehen, da gleichzeitig in den anderen Regionen des Landes, speziell in Kisangani und Lubumbashi ähnliches stattfinden werde. Außerdem sollten wir uns doch ernsthaft über eine Sezession Gedanken machen, da der Kivu als eigenständiges Gebilde viel besser dran wäre. Mir wurde klargemacht, daß wir keine große Wahl haben, da die Armeen Ruandas und Ugandas seit einiger Zeit startklar sind.“

Die Prophezeiung vom gleichzeitigen Aufstand verschiedener Regionen scheint sich zu bewahrheiten: Gestern gab es Unruhen auch in er Region Baskongo, im Westen des Kongo. Es ist zu vermuten, daß es sich dabei lediglich um ein Ablenkungsmanöver handelt, das noch einmal suggerieren soll, es handele sich tatsächlich um einen Aufstand der innerkongolesischen Opposition zu Kabila. Oliver Meisenberg