Schneeballschlacht mit System

■ Betrug! Betrug! – Der neue MDR-Tatort „Money! Money!“ verlädt Klischee-Ossis, sein Autor die Zuschauer (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD)

Den Brüdern und Schwestern in den neuen Bundesländern bleibt aber auch nichts erspart: Zuerst jahrzehntelange SED-Unterdrückung, dann eine Zack-zack-Wiedervereinigung mit folgender Arbeitslosigkeit, schließlich fiese Geschäftemacher, die auch noch den letzten Rest vom Begrüßungsgeld abzocken. Zum Beispiel mit Schneeballsystemen. Das funktioniert immer noch so: In Sonntagsklamotten gehüllt laufen die Ossis wie Lemminge in teure Hotels, lassen sich dort für viel Geld das todsichere System zum Reichwerden verkaufen, schließen ungünstige Knebelkreditverträge ab und hoffen auf den großen Reibach. Den machen natürlich nur die Drahtzieher, und die sind entweder über alle Berge oder so gerissen, daß man ihnen nichts anhaben könnte.

Fred Breinersdorfer, Drehbuchautor des Tatorts „Money! Money!“ hat sich diese ebenso banale wie erschreckend wahre Geschichte zur Grundlage genommen, eine schöne Leiche dazugepackt und daraus einen Krimi gestrickt. Der ist, wie er zu sein hat, spannend. Dazu liefert er schöne Einblicke in das Privatleben der Dresdener ARD-Ermittler Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd-Michael Lade).

Diesmal ist Kain dran. Er ist verliebt in Angie Hilpert (Julia Jäger), das menschliche Antlitz des Kettenspielclubs „Golden Future“ – ein hübsches Gegenstück zur Nachbarin des Polizisten, Kinderärztin Melanie „Meli“ Braun, der eigentlich richtigeren Frau für Kain. Erstere ist im Geldrausch zum Luxusweibchen verkommen und später tot, letztere kümmert sich lieb um die kleine Tochter der Ermordeten, lebt aber leider in leicht schmuddeligen, studentischen Verhältnissen und hat zu allem Unglück auch noch einen anderen Mann. Das macht den Dresdener Tatort so liebenswert: auf längere Entwicklung ausgerichtete Figurenkonstellationen, trottelige und daher glaubhafte Entwicklungen. Leider fühlt man sich als TV- Großkunde nach Betrachtung von „Money! Money!“ trotzdem betrogen.

Autor Breinersdorfer selbst fand seine Idee vom Geldgier- Krimi offenbar sehr gut. Vor sieben Monaten, wir erinnern uns alle, gab es einen schönen ZDF- Fernsehfilm mit Namen „Mein ist die Rache“. Der gelackte Anlagebetrüger Richie zog damals mit gigantischen Renditeversprechen (23,3 Prozent!) durch die Lande, bis das Schneeballsystem schließlich in sich zusammenbrach und Richie den titelgebenden Zorn seiner Opfer zu spüren bekam. Drehbuchautor: Fred Breinersdorfer. Hauptdarsteller: Ulrich Noethen.

Wundern wir uns da, am Sonntag in der Rolle des geldgierigen Abzockers Nat schon wieder den Noethen vorgesetzt zu bekommen? Und ist das schlimm? Nicht wirklich. Aber doch ein wenig peinlich. Stefan Kuzmany