Eifersucht um Izmirs Straßenkinder

■ Um Izmirs obdachlose Kinder streiten sich in Bremen das Rote Keuz und das Institut für türkisch-deutsche Zusammenarbeit

„Es gibt unglaubliche Eifersüchteleien und Eitelkeiten“ bei den Helfern, die sich um Izmirs Straßenkinder kümmern, berichtete DRK-Mitarbeiterin Suzan Kamcili, als sie im vergangenen Jahr aus der türkischen Millionenstadt zurückkehrte. Eine Krankheit, die hochgradig ansteckend zu sein scheint: Inzwischen sind auch die guten Menschen in Bremen darüber zerstritten, wer für das Wohl der türkischen Straßenkinder Ursprungsrechte anmelden darf. Nicht nur wegen des lieben Geldes.

Am Anfang stand das Projekt einer Städtepartnerschaft zwischen Bremen und Izmir. Das war 1996 und glaubt man der Vorsitzenden des Deutschen Roten Kreuzes, Roswitha Erlenwein, und dem Leiter des Amts für soziale Dienste, Herbert Wiedermann, so kam man wie einst die Jungfrau zu den türkischen Straßenkindern. Sie habe den Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft, Reinhard Metz (CDU), 1996 zur Eröffnung der Städtefreundschaft begleitet, so die DRK-Vorsitzende: „Da wurde ich gefragt, ob wir nicht unser Know How mit Betreuung von Jugendlichen vermitteln können“. Sie habe damals spontan zugesagt, so die langjährige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Erlenwein. Zusammen mit dem DRK-Sozialarbeiter Detlev Bartsch und der Psychologin Suzan Kamcili, wurde die Arbeit aufgenommen und 1997 mit der Weiterbildung und Vernetzung von örtlichen Sozialarbeitern, Polizisten und freien Hilfsinitiativen für Straßenkinder fortgesetzt. „Alles auf Kosten des DRK.“ Als dann im vergangenen Jahr das Bremer Amt für soziale Dienste West Interesse an einer Mitarbeit bekundet habe und einen Antrag auf EU-Gelder in Aussicht stellte, habe man die Behörde mit Fachwissen versorgt. Träger des neuen EU-Projektes hätte das DRK werden können.

Danach habe man von dem Amt nichts mehr gehört. Statt dessen seien die europäischen Gelder von einem anderen Träger beantragt worden – unter Mitarbeit des durch die DRK-Unterlagen gut informierten Amtes für soziale Dienste. Dieser Träger habe eine halbe Million Mark bekommen und im Mai „mit Riesentamtam und einem überkandidelten Programm“ in Anwesenheit von Bürgermeister Henning Scherf einen Straßenkinder-Kongress in Izmir auf die Beine gestellt. Auf Kosten der EU. Und obwohl dem Deutschen Roten Kreuz die Teilnahme daran zugesagt wurde – Scherfs Protokollchef Keller habe darauf gedrungen – sei der Redebeitrag ihrer Mitarbeiter nicht mit aufgenommen worden.

„Das stimmt doch vorne und hinten nicht“ reagierte Herbert Wiedermann vom Amt für soziale Dienste am vergangenen Freitag auf diese Vorwürfe. Er selbst habe doch auf Grund seiner Arbeit in Gröpelingen schon seit vielen Jahren offizielle Kontakte in die Türkei. Und als ihm „ein Bremer Träger sagte, wir wollen da in die Arbeit mit Straßenkindern einsteigen, da haben wir gesagt: Okay.“ Er selber sei dann behilflich gewesen, habe den notwendigen Kontakt zum Leiter des türkischen Amtes für soziale Dienste hergestellt und den Antrag auf die EU-Gelder unterstützt. Dieser „Bremer Träger“ war das Institut für türkisch-deutsche Zusammenarbeit (TDI), sein Vorsitzender Ali Elis, ein Mitarbeiter Wiedermanns im Amt für soziale Dienste. „In Bremen ist alles miteinander verquickt“, so Herbert Wiedermann dazu – aber wer in dieser Sache gute Ideen habe, den untersütze er. Selbstverständlich auch das DRK, denn: „Die Türkei abzuschreiben, fände ich einen Alptraum.“ Das TDI hingegen (ein Ableger des SPD nahen Zentrums für Migranten und interkulturelle Studien (ZIS) habe inzwischen zwei gut funktionierende Rehabilitationszentren in Izmir gegründet und würde da mit 20 Mitarbeitern rund 300 Straßenkinder betreuen. Und der Kongress in Izmir habe von Beginn an zum Bewilligungsprogramm für die EU-Gelder gehört.

Ausgebootet habe er niemanden. Das Rote Kreuz habe von sich aus die Teilnahme am Kongress abgesagt: „Ohne Begründung.“ Dabei könne er sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen: Das TDI könnte die niedrigschwellige Arbeit in den Reha-Zentren machen und das DRK sorgt für den Anschluß, die Unterbringung in kleinen Heimen und Jugendwohngemeinschaften. „Das können die!“

Die DRK-Mitarbeiter hingegen wollen, so Roswitha Erlenwein, ihre Arbeit aus den letzten zwei Jahre jetzt erstmal allein fortsetzen: „Da wissen wir zumindest, daß unsere Bemühungen diejenigen erreicht, auf die es ankommt.“ ritz