■ Kongo: Auch nach dem Gipfel ist keine friedliche Lösung in Sicht: Kabilas Spiel mit dem Krieg
Der kongolesische Präsident Kabila hat mit seinen Vorwurf, Ruanda unterstütze die Tutsi-Rebellen und führe einen versteckten Krieg im Lande, die für ihn richtige Strategie eingeschlagen. Die massiven Vorwürfe, die nicht aus der Luft gegriffen sind, sowie das Kriegsgeschrei gegen den kleinen östlichen Nachbarn, verhelfen dem autoritären Kabila zu ungeahnter Popularität in Kinshasa. Tausende sind dem Rekrutierungsaufruf gefolgt, der zur „Landesverteidigung“ gegen Ruanda lanciert worden ist.
Die Vorwürfe gegen Kabila seitens der Rebellen, er pflege einen autoritären Stil und bevorzuge seinen eigenen Clan und seine Ethnie, sind berechtigt. Trotzdem treten diese angesichts der Geschichte der Rebellion von 1996/97, die Kabila mit Hilfe Ruandas und Ugandas an die Macht brachte, in den Hintergrund: Sie läßt die Kongolesen nur eine neue, von dem Nachbarn Ruanda dominierte Regierung befürchten – wie sie bis vor kurzem in Kinshasa noch bestand. Kabila nabelte sich erst langsam von seinen ehemaligen Helfern Ruanda und Uganda ab, indem er deren Truppen vor zwei Wochen auswies. Dies wurde von den Kongolesen schon lange gefordert. Kabila ist damit von einer „Marionette der Nachbarn“ zum Nationalisten geworden. Damit dürfte er jetzt beim Volk den „Verteidigungsbonus“ der Einheit des Kongo erhalten.
Noch aber ist nicht entschieden, ob die Rebellion psychologisch schon verloren ist und Kabila die Bevölkerung hinter sich scharen kann – oder diese sich doch noch zu einer gesamtkongolesischen Bewegung gegen den „Diktator Kabila“ entwickelt. Das wird zum Teil davon abhängen, welche Widerstandsgruppen sich den Rebellen noch anschließen. Zum Teil ist ein Mißerfolg aber auch mit der Haltung der zivilen Opposition in Kinshasa determiniert, die die Rebellion verurteilt.
Indes – mögen die Vorwürfe einer ruandischen Beteiligung an der Rebellion auch berechtigt sein – Kabilas Strategie ist höchst gefährlich, weil sie einen Krieg zwischen Ruanda und dem Kongo provoziert, in den die gesamte Region hineingezogen werden könnte. Deshalb mußte der Gipfel in Harare ein Mißerfolg werden, weil er ohne Einladung der Rebellen bereits das ungewollte Eingeständnis der Nachbarn suggerierte, daß es sich um ein zwischenstaatlichen Konflikt handelte. Zudem besitzen die Nachbarn keine ausreichende Neutralität für eine Vermittlung. OAU, UN und EU sollten, mit entsprechenden Drohungen an beide Seiten (Kongo, Ruanda), sich dafür einsetzen, daß das Kriegsgeschrei gedämpft wird, sowie eine innerkongolesische Vermittlung anbieten. Daniel Stroux
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