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Facettenreich, kooperativ

Hamburg erfreut sich unter Kino- und Serienproduzenten eines guten Rufes: Immer mehr Filmteams drehen an Elbe und Alster  ■ Von Beate Kranz

Fährterminal Hamburg, fünfter Stock: Wo sonst Versicherungen für Schiffe abgewickelt werden, regiert in diesen Tagen die Fiktion. In der gläsernen Büroetage mit phantastischem Blick auf Elbe, Hafen, Werften und Containerfrachter kämpft die Schauspielerin Ulrike Folkerts vor der Kamera um ihr Hotel – so schreibt es das Drehbuch für die neue Fernsehkomödie „Der Hochstapler“ vor. Die Produktion ist eine von 52 Kino- und Fernseh-Projekten, die im Sommer in Hamburg gedreht werden. 1998 dient die Stadt fast 200 Filmen als Kulisse. Überall stehen Scheinwerfer, schnurren Kameras und es heißt: „Bitte Ruhe. Ton ab.“

Ob Krimis, Spielfilme, Serien oder Seifenopern – Hamburg gewinnt als Filmkulisse immer größere Popularität. „Seit fünf Jahren erlebt die Stadt einen wahnsinnigen Boom und es wird immer mehr“, berichtet Christine Berg, Leiterin des Location-Büros der Filmförderung, die Filmteams bei der Suche nach Drehorten hilft. Der Grund für die große Nachfrage: „Hamburg ist von seiner Architektur her sehr facettenreich und drehfreundlich eingestellt.“ Die Behörden gelten als kooperativ, für Dreharbeiten auf öffentlichen Wegen werden keine Gebühren erhoben. Außerdem sitzen an der Elbe viele kreative Profis: Regisseure, Beleuchter, Kamerateams, Maskenbildnern bis hin zu Köchen für die kalte und warme Verpflegung beim Dreh.

In Hamburg gibt es rund 700 Unternehmen, die in der Film- und Fernsehwirtschaft arbeiten. Neben dem größten deutschen Produktions- und Atelierbetrieb, Studio Hamburg, bieten viele Selbständige und kleinere Firmen in dem Metier ihre Dienste an. Die Produzenten und Regisseure schätzen vor allem die vielseitige Architektur der Stadt, die fast alle Kulissen-Wünsche für einen Dreh erfüllten. Hamburg bietet Schönes und Schmuddeliges – einen Welthafen, das quirlige St. Pauli rund um die Reeperbahn, prachtvolle Jugendstilhäuser, extravagante Büro- und Hotelbauten bis hin zu Arbeitervierteln oder tristen Hochhäusern.

„Manche Motive wurden in Hamburg schon so oft gefilmt, gelten als abgedreht und kommen in Filmen kaum mehr vor“, weiß Berg. Ein Beispiel dafür sei die Alster. Ein Renner sind dagegen die Schuppen im Hafen. Doch keine Sonne ohne Schatten: Manche Hamburger finden die Filmdrehs gar nicht spannend, sondern nur lästig. Während einige Hanseaten für teuer Geld tageweise ihre schicken Altbau-Wohnungen oder Villen als Drehort vermieten, klagen andere, daß sie nachts von grellen Scheinwerfern behelligt werden oder wegen der Filmerei keinen Parkplatz finden.

Auch die Stadt hat längst erkannt, daß jeder Film Werbung ist und Touristen anlockt. Bei den vielen Produktionen komme es „schon mal vor, daß Filmteams übereinanderstolpern“. Dennoch schätzt der Geschäftsführer von Studio Hamburg, Richard Schöps, die Vorzüge der Metropole: „Hamburg ist ein Musterbeispiel für angenehmes Produzieren.“

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