Ein KZ ist kein Denkmal

■ Holocaust-Mahnmal: Architekt Eisenman drängt auf Entscheidung und fordert die Politiker auf, sich nicht des Themas zu bemächtigen

Während die Parteien sich das Thema für den Wahlkampf zurechtreden, hat der amerikanische Architekt Peter Eisenman eine rasche Entscheidung im Streit um das Holocaust-Mahnmal gefordert. Die Entscheidung für das Holocaust-Denkmal sowie sein Bau dürften nicht länger hinausgezögert werden, sagte der Künstler gestern. Er wolle sich zwar nicht in die deutsche Politik einmischen. Das Mahnmal sei aber als Symbol für Deutschland sehr wichtig. „Es muß nun weg von der Politik und allmählich lebende Erinnerung werden.“

Der Eisenman-Entwurf eines aus 2.500 Stelen bestehenden Erinnerungslabyrinths gilt bei den Befürwortern des Denkmals nahe dem Brandenburger Tor derzeit als das Modell für die Realisierung. Der Entwurf, der inzwischen überarbeitet vorliegt, wird auch von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) favorisiert. Andere Politiker und Intellektuelle, darunter der mögliche Kulturbeauftrage in einem Kabinett Schröder, hatten dagegen plädiert und ein neues Nachdenken über den Umgang mit einem Mahnmal gefordert.

Eisenman kritisierte, daß eine endgültige Entscheidung durch den Bundeskanzler aber weiter ausstehe: „Es gab viele Diskussionen und sehr viel Hin und Her. Jetzt, wo ich das alles mit- und durchgemacht habe, würde ich gerne unser Projekt in Berlin realisiert sehen.“ Der Architekt beklagte den schlechten Informationsfluß von seiten der Auslober – des Berliner Senats, der Bundesregierung und des Förderkreises. Die Medien in Deutschland und in den USA wüßten immer mehr als er selbst und als die, die mehr wissen sollten.

Mit dem Modell habe er versucht, einen Ort zu schaffen, den es so noch nie gegeben habe, sagte der Architekt. „Einen Ort, an dem man sich allein und verlassen fühlt, einen Ort ohne Anfang und Ende, der keine Richtung hat.“ Man könne das Denkmal nicht einmal richtig fotografieren, denn es entziehe sich der Abbildung. „Alles, was man machen kann, ist, es zu erfahren und zu erfühlen.“

Zugleich sagte Eisenman: „Es gibt einen Riesenunterschied zwischen den tatsächlichen KZs als Orten des Horrors und einem Denkmal.“ Ein Konzentrationslager könne nie ein Denkmal sein, „denn ein KZ bleibt immer das, was es einmal war: ein KZ“.

Eisenman war gemeinsam mit dem Künstler Richard Serra im zweiten Wettbewerbsverfahren zum Holocaust-Mahnmal als Sieger hervorgegangen. Zuvor hatten die Auslober bereits ein Wettbewerbsverfahren durchgeführt, dessen Ergebnis – die riesige Grabplatte – stark kritisiert worden war und letztendlich gekippt wurde. Insbesondere Kohl hatte sich gegen den Entwurf gewandt. Eisenmans Partner Serra hatte sich vor wenigen Wochen ebenfalls aus dem Verfahren ausgeklinkt. Der Senat berät am 25. August über das Holocaust-Mahnmal. rola/dpa