■ Vorlauf
: Bunte Reise durchs Morbide

„Die letzte Reise“, 23.30 Uhr, ZDF

Was haben Benno Ohnesorg, Marlene Dietrich und ein Haufen Bundesminister gemeinsam? Sie alle sind im gleichen Leichenwagen überführt worden. Diese Geschichte wird in „Die letzte Reise“ erzählt, einem ZDF-Feature von Ulrike Angermann über die aktuellen Praktiken im bundesdeutschen Bestattungswesen. Darüber hinaus erfährt der Zuschauer dort, daß die Messe für Bestattungsopfer „Eternity“ heißt.

Die Sterbefälle in Deutschland sinken seit Jahren, was zu einer Verknappung des Rohstoffes Tod führte und damit zu Preiskriegen, Konzentrationsprozessen und Innovationsschüben im Gewerbe. Mittlerweile gibt es Designersärge und Sarg-Vernissagen mit bunten Urnen in Pyramidenform. Jede Bestattung ist eine Premiere, und wenn sie schiefgeht, kann man nicht nachbessern, weil das Kind dann schon in die Grube gefallen ist. Schiefgehen kann vieles, beispielsweise kann der Pastor im Stau steckenbleiben, oder der Blumenhändler findet den Friedhof nicht. In „Die letzte Reise“ werden viele solcher Anekdoten erzählt. Überhaupt ist das Feature eine ziemlich bunte Reise durch das eigentlich morbide Thema geworden. Billigsärge, Memorial Halls im Internet, der Trend zum individuellen Begräbnis – alle diese Aspekte werden angesprochen, akkurat abgearbeitet und dann zu den Akten gelegt. Soweit in Ordnung. Nur: Eine Idee, wie man diese heterogenen Splitter zusammenhalten könnte, gibt es leider nicht. Vielmehr wurde einfach der große Ordner „Vermischtes“, Unterabteilung „Begräbnis“ aufgemacht, die Informationseinheiten aneinandergeklebt, Musik druntergemischt, Kommentar drauf, und fertig war die Kiste.

So plätschert der Film letztlich inspirationslos dahin, umkurvt dabei alle Klippen, tut niemandem weh, bringt aber auch keinen Erkenntnisgewinn. Brav, brav, brav. Oder, in den Worten einer Schülerin, die für die Sendung interviewt wurde: „Ich habe jetzt zwar eine echte Leiche gesehen, aber das hat mir auch nichts gebracht.“ Volker Heise