Kinopalast auf der Baustelle

■ Kinomogul Hans-Joachim Flebbe und seine Firma Cinemaxx eröffnen im September das erste Multiplex auf dem Potsdamer Platz. Trotz Bauarbeiten sollen die Besucher dann strömen

Hans-Joachim Flebbe hat eine ganze Liste von Superlativen mit nach Berlin gebracht: Sein Multiplex-Kino auf dem Potsdamer Platz, sagt der Vorstand der Hamburger Firma Cinemaxx stolz, werde mit 19 Leinwänden zu den größten in Deutschland gehören. Außerdem werde es das zentralste Kino in Berlin sein, findet Flebbe und ergänzt dann noch: „Natürlich auch das erfolgreichste.“

Natürlich. Erst einmal muß es allerdings fertig werden. Die Eröffnung ist für den 2. September angesetzt, einen Monat vor der offiziellen Eröffnung des Potsdamer Platzes durch den Investor und Daimler-Ableger debis. Gestern konnte das Gebäude zum ersten Mal besichtigt werden – mit Sicherheitshelmen.

„Bitte bleiben Sie in der Nähe, damit ich Sie immer sehen kann“, mahnen die Begleiter und lotsen den Journalistentroß auf verschlungenen Pfaden zwischen Baggern, Bauzäunen und Bauarbeitern hindurch. Schon in drei Wochen sollen hier Kinobesucher flanieren, was man heute angesichts der Bauarbeiten, der unfertigen Straßen und des allgemeinen Durcheinanders in der neuen Stadtmitte noch nicht so recht glauben mag. „Wir sind einigermaßen zuversichtlich“, meint Hans- Joachim Flebbe: „Der Weg vom S- und U-Bahnhof wird fertig sein, ein Parkhaus wird in der Nachbarschaft eröffnet.“

Allerdings werden nicht die Bauzäune das Problem des Cinemaxx sein. Vor allem wird man wohl die Besucher überzeugen müssen, überhaupt dort ins Kino zu gehen, wo vor 1990 gar nichts war – und danach erst einmal Baustelle und Verkehrschaos. „Es wird kein einfacher Kampf werden um das Berliner Publikum“, weiß Flebbe.

Doch er setzt auf die Sogwirkung seiner Superlative, auf die technisch perfekte Ausstattung, auf Leinwände bis zu 10,5 x 22 Meter Größe – und darauf, daß das Cinemaxx in Mitte noch ein bißchen mehr als ein gewöhnliches Multiplex-Kino bieten wird: Drei der neunzehn Leinwände sind für englische und französische Filme in Originalfassung reserviert. In zwei Kinoräumen gibt es Filmkunst, in einem Saal wird ein reines Klassiker-Programm gespielt, und ein anderer Saal zeigt „Kult“: „Wir wollen sehen, ob sich für herausragende Filme nicht doch wieder ein Publikum finden läßt.“

Flebbe – der immerhin gerade die Schließung des Traditionskinos Gloria am Ku'damm wegen Besuchermangels bekanntgegeben hatte – glaubt nicht, daß die gigantischen Großkinos mit Tausenden von Plätzen eine Gefahr für die kleinen, unabhängigen Kinos der Stadt sind: „Wir wollen zusätzliche Besucher gewinnen. Einem Kino mit 45 Plätzen können wir da gar keine Konkurrenz machen.“

Im Sony-Komplex gegenüber dem neuen Kinopalast wird man erst in zwei Jahren mit acht Leinwänden aufwarten, es gibt Planungen für ein weiteres Multiplex in der Nähe vom Bahnhof Zoo. Doch Hans-Joachim Flebbe ist mit seinem Cinemaxx auf dem Potsdamer Platz der erste.

Darum konnte der Hamburger Großkino-Unternehmer Flebbe auch ganz gelassen feststellen: „Ich habe es aufgegeben, gegen die Multiplex-Schwemme in Berlin anzukämpfen.“ Das klingt widersprüchlich, ist aber irgendwie wohl richtig. Kolja Mensing