BP will Shell und Exxon überflügeln

■ Nach der Übernahme von Amoco glaubt BP an ein rasches Wachstum. Fusionsdruck auf die kleineren Konkurrenten wächst

Berlin (taz) – Mit Platz drei, verkündete der künftige BP-Chef John Browne gestern in London, werde sich der neue Ölriese BP- Amoco nicht zufriedengeben. Durch die Übernahme fühlt sich Browne, künftig auch Chef des neuen Ölriesen BP-Amoco, groß genug, um die beiden Marktführer Shell und Exxon/Esso sogar überflügeln zu können. 1997 lag BP mit rund 70 Milliarden US-Dollar (124 Milliarden Mark) Umsatz noch deutlich abgeschlagen hinter Shell und Exxon, die 128 Milliarden Dollar und 120 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr umsetzten. Doch seit der Übernahme bringt es BP-Amoco immerhin auf zusammen 107 Milliarden. Nach Angaben von BP-Amoco verfügt der neue Konzern schon jetzt über die zweitgrößten Öl- und Gasreserven – hinter Shell.

Außerdem ergänzen sich die beiden Konzerne sehr gut: Durch die Übernahme kann BP Geschäftslücken in den Bereichen Petrochemie, Erdgas und Raffinerien schließen und vor allem seinen bisher schwachen Stand in den USA ausbauen. Amoco verfügt dort über eines der größten Tankstellennetze. Browne hofft durch die Fusion zwei Milliarden Dollar einsparen zu können. Etwa durch gemeinsamen Einkauf, gemeinsame Ölförderung, aber auch durch Stellenabbau: 6.000 Arbeitsplätze, etwa sechs Prozent, sollen im neuen Konzern gestrichen werden.

Nach der Fusion ist der Druck auf die übrigen Konkurrenten groß. Mobil rangiert nun abgeschlagen auf Platz vier mit 66 Milliarden US-Dollar Umsatz, gefolgt von Texaco (45 Milliarden) und Elf (44 Milliarden). Ohnehin ist die Lage der Ölkonzerne derzeit angesichts des verfallenden Rohölpreises sehr angeschlagen: Brachte im vergangenen Herbst das Barrel Rohöl noch 20 Dollar ein, sind es nun nur noch rund 13 Dollar – also 19 Pfennig pro Liter. Außerdem wächst der Markt für Rohölprodukte längst nicht mehr so wie noch in den siebziger Jahren. Der Preisverfall des Rohöls kann nach Ansicht von Experten nur durch weitere Rationalisierungen und neue Tätigkeitsfelder aufgefangen werden. Dies aber fällt den großen Konzernen leichter.

Offenbar glauben auch Aktienanleger an eine große Zukunft für den neuen Ölkonzern: Auch am zweiten Tag stieg der Kurs der BP- Aktie weiter an – um drei Prozent, nachdem er vorgestern 15 Prozent zugelegt hatte.

Allerdings ist die Hoffnung der Anleger auf steigende Gewinne und eine höhere Dividende verfrüht. Nach Aussagen der Ölexperten der Deutschen Bank wird BP-Amoco die geplanten Einsparungen wahrscheinlich nicht als Gewinn ausschütten, sondern zur Senkung der Produktpreise verwenden. Rüdiger Haum