Kohl läßt Senat den Vortritt

■ Entscheidung über das Holocaust-Denkmal fällt wohl doch erst nach der Bundestagswahl

Bonn/Berlin (dpa) – Bundeskanzler Helmut Kohl hat im Streit um das Berliner Holocaust-Mahnmal einen Rückzieher gemacht. Er deutete an, die Entscheidung könne möglicherweise doch erst nach der Bundestagswahl fallen. Kohl wollte sich gestern in Bonn nicht mehr darauf festlegen, ob über die vorliegenden Entwürfe noch vor dem 27. September entschieden wird. „Ich halte es aber für abwegig zu glauben, daß man sich vor dieser Entscheidung drücken kann“, sagte Kohl lediglich.

Der Kanzler hatte vor einigen Wochen gesagt, die endgültige Entscheidung über das Denkmal in der Hauptstadt werde noch in diesem Monat gefällt. SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder hatte daraufhin angekündigt, einen von der jetzigen Regierung gefällten Mahnmalsbeschluß nach einem SPD-Wahlsieg neu zu diskutieren. Notfalls will die SPD die Entscheidung rückgängig machen.

Der Kanzler gab den Ball gestern nach Berlin zurück: Zunächst müsse der Senat entscheiden und erst danach könne weitergeredet werden. Kohl forderte dazu auf, mit der gebotenen Zurückhaltung zu diskutieren. „Wenn man noch einen Funken Verstand hat, ist es klar, daß diese Frage mit Takt und Sachverstand behandelt werden muß“, sagte er. Das Holocaust- Mahnmal solle aber vor allem kein Wahlkampfthema werden.

Der Berliner Senat will sich am 25. August abschließend mit dem Mahnmal befassen. Während sich die Berliner Sozialdemokraten für die rasche Realisierung des Mahnmals aussprechen, warnt der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) vor „übereilten“ Entscheidungen. Über die Gestaltung des Mahnmals nahe dem Brandenburger Tor entscheiden der Bund, das Land Berlin und der Förderkreis unter Führung von Lea Rosh.