Anklage gegen Ex-Vulkan-Chef

Friedrich Hennemann und drei ehemalige Vorständler müssen sich wegen Untreue verantworten. In der Werft sind vor der Pleite 850 Millionen Mark versickert  ■ Aus Bremen Kerstin Schneider

Der ehemalige Vulkan-Chef Friedrich Hennemann muß wegen Untreue vor Gericht. Das hat die Bremer Staatsanwaltschaft gestern auf Anfrage der taz bestätigt. Neben Hennemann werden drei weitere ehemalige Vorstandsmitglieder auf der Anklagebank sitzen. Die Manager sollen ihre Treuepflichten verletzt haben. Wie berichtet, sind im sogenannten Cash- Management des pleite gegangenen Schiffbaukonzerns rund 850 Millionen Mark an öffentlichen Geldern versickert, die eigentlich zur Sanierung der Ostwerften bestimmt waren. Der Schiffbaukonzern Vulkan meldete im Mai 1996 Konkurs an.

Daß Hennemann sich an den Vulkan-Millionen bereichert haben könnte, hat sich im Laufe der Ermittlungen nicht bestätigt. Kurz nach der Verhaftung des Konzernchefs im Sommer 1996 waren die Ermittler auf Auslandskonten Hennemanns in der Schweiz und in Luxemburg gestoßen. Allein auf dem Luxemburger Konto lag etwa eine Million Mark. Es gab aber offenbar mehrere Briefkastenfirmen, über die Vulkan-Gelder nach Jersey, Dublin und Panama flossen. In dem Strafverfahren, das vor dem Bremer Landgericht verhandelt wird, soll nun geklärt werden, inwieweit Hennemann darüber informiert war. Darüber hinaus haben die Ermittler Bargeldzahlungen in Millionenhöhe bei jedem Schiffsneubau festgestellt. Angeblich gingen diese Beträge als Auftragsprovision an Dritte. Die Ausgaben tauchen zwar in den Büchern des Konzerns auf, die Empfänger sind dagegen nicht verzeichnet. Unter anderem deshalb werfen die Ermittler Hennemann vor, daß er seine Treuepflicht verletzt hat. Untreue (Paragraph 266 Strafgesetzbuch) wird mit Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Haft bestraft. In besonders schweren Fällen sieht die Strafprozeßordnung sogar eine Haftstrafe von zehn Jahren vor.

Hennemann ist sich dagegen offenbar keiner Schuld bewußt. Der Konzernchef war gestern nicht zu einer Stellungnahme bereit. Hennemann erhielt seinerzeit eine Abfindung von zwei Millionen Mark. Allein daran könne man seinen Erfolg messen, hatte Hennemann stets betont. Er habe dem Vulkan wieder zu schwarzen Zahlen verholfen, betonte er nach dem Konkurs des Schiffbaukonzers im Mai 1996. „Der Erfolg hat mir recht gegeben“, sagte er auch vor dem Untersuchungsausschuß der Bremischen Bürgerschaft, der die Hintergründe des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Konzerns aufklären soll. Schuld am Untergang sei vielmehr die in Bremen seit Mai 1995 regierende Große Koalition von CDU und SPD. „Hier soll bewiesen werden, daß der Vulkan schon seit 1983 ein ,rotten system‘ war. Das ist doch pervers“, schimpfte Hennemann vor dem Untersuchungsausschuß. Knapp sechs Wochen hatte Hennemann im Sommer 1996 in Untersuchungshaft gesessen. Gegen eine Kaution von sechs Millionen Mark kam er im August wieder frei.