Das Portrait
: Der Mann, der Nachrichten macht

■ Matt Drudge

Er gilt als das Schmuddelkind des Journalismus. Ja, vielleicht gar nicht als Journalist, eher als Gerüchteverbreiter via Internet. Wenn Matt Drudge erfährt, daß andere an einer Geschichte arbeiten, sie aber noch zurückhalten, dann berichtet er eben, daß andere an einer Geschichte arbeiten, sie aber noch zurückhalten. Genauso wurde er berühmt: Als das Newsweek-Magazin im Januar die Recherche um eine angebliche Affäre zwischen US-Präsident Bill Clinton und einer Praktikantin, einer gewissen Monica Lewinsky, noch nicht drucken mochte, brachte Drudge die Geschichte auf seiner Homepage (www.drudgereport.com) – seither ist Bill Clinton in Schwierigkeiten.

Von einem Apartment in Hollywood aus bestückt der 31jährige Drudge seine Homepage mit allerlei Geschichten, vor allem über Leute, vor allem über den Präsidenten. Da findet sich die Story, wie Monica Lewinsky mit einer Zigarre vor Clinton masturbiert, während der onanierend Jassir Arafat im Garten warten läßt, genauso wie jüngste Geheiminformationen aus den Aussagen Clintons vor der Grand Jury und sonstiges Zeug, was ihm irgendwer erzählt hat. Ob das alles stimmt, weiß auch Drudge nicht genau. Er selbst schätzt, daß 80 Prozent davon wahr sind.

Immerhin hat ihn kürzlich auch der Nationale Presse- Club der USA zu einem Vortrag eingeladen, denn, wie es Moderator Doug Harbrecht formulierte, „ob es einem gefällt oder nicht, er ist ein newsmaker“. Drudge selbst sieht sich als das „neue Gesicht“ in der US-amerikanischen Tradition des provokativen Journalismus.

Dabei unterscheidet ihn nur wenig von allen anderen selbsterklärten Spürhunden, die ihre „Exklusiv-Informationen“ per Internet verbreiten. Im Unterschied zu ihnen hat Drudge einmal Glück gehabt. Noch vor wenigen Jahren war er Souvenirverkäufer beim US-Fernsehsender CBS, ein kleines Licht. Die Lewinsky-Geschichte ließ seine Website zu einer der meistbesuchten der Welt werden – nach eigenen Angaben konnte er im Mai dieses Jahres sechs Millionen Zugriffe verzeichnen. Geld verdient er damit nicht – dazu braucht der selbsterklärte Held des neuen Medienzeitalters, der Anwalt des reportierenden kleinen Mannes, doch die ganz normalen Medien. Vor kurzem bekam Matt Drudge eine eigene Fernsehsendung angeboten. Bernd Pickert