Millionen frieren in China

■ China beziffert die Zahl der Flutopfer auf 3.004 Tote. Es droht ein Kälteeinbruch

Peking (dpa) – Die chinesische Regierung hat die Zahl der Toten bei der Hochwasserkatastrophe am Jangtse erstmals seit einem Monat nach oben korrigiert und nannte gestern 3.004 Opfer. Das berichtete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua aus Peking. Das schlimmste Hochwasser seit 40 Jahren habe 233 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen oder bedrohe sie akut – damit ist etwa jeder fünfte Chinese betroffen.

Beobachter bezweifeln die offizielle Zahl der Toten und rechnen – gestützt auf Augenzeugen und andere Berichte – mit weit mehr Todesopfern. Im Nordosten Chinas bedroht unterdessen ein erster Kälteeinbruch die Opfer des seit Wochen andauernden Hochwassers.

Wie die staatlichen Medien am Mittwoch berichteten, fehlt es den rund 375.000 Menschen, die in der Inneren Mongolei ihre Häuser verloren haben, noch an Zelten und Kleidung, um Temperaturen unter null Grad zu überstehen. Die Nachttemperatur in der nordöstlichen Provinz Heilongjiang fiel bereits auf zehn Grad. In der Erdölstadt Daquing, wo 190.000 der 2,4 Millionen Einwohner durch das Hochwasser des Flusses Nen obdachlos wurden, litten die Menschen in den Notunterkünften bereits unter der Kälte, berichtete die Zeitung China Daily.

Auch in den offiziellen Medien wird eine Diskussion um die Wirksamkeit des Hochwasserschutzes geführt. 70 Prozent der Einrichtungen zum Schutz der 600 hochwassergefährdeten Städte in China sind nach einem Pressebericht veraltet. Vorgesehene Flutrückhaltegebiete am Jangtse in den Provinzen Hubei und Anhui seien von fünf Millionen Menschen illegal besiedelt worden. Bei der Flutung dieser Gebiete hätte es sehr viele Verluste gegeben, sagte der Wissenschaftler Chen Zhikai.

Kritiker beschuldigen die Regierung ferner, zuviel Geld in den Bau des Drei-Schluchten-Staudamms, das weltweit größte Projekt dieser Art, zu stecken. Der Hochwasserschutz im übrigen Land werde dagegen vernachlässigt, räumte China Daily ein.