Angolas Sieg bringt dem Kongo die faktische Teilung

■ Kabila triumphiert in Kinshasa und bläst zur Hatz auf die Tutsi. Er wird nun versuchen, die Rebellen im Osten des Kongo und deren Verbündete Ruanda und Uganda zu destabilisieren

Zumindest um Kongos Hauptstadt Kinshasa ist der Krieg der Regierung Kabila gegen die Rebellen der „Kongolesischen Sammlung für Demokratie“ (RCD) so gut wie gewonnen. Die kongolesische Regierung sagte gestern, die „Banden“ im Westen des Landes seien besiegt. Präsident Kabila selber kehrte am Dienstag abend aus Lubumbashi in der Südprovinz Katanga nach Kinshasa zurück – ein untrügliches Zeichen dafür, daß die Hauptstadt jetzt als außer Gefahr stehend gilt.

In seiner mittlerweile bewährten demagogischen Manier blies Kongos Präsident zur Menschenjagd: „In jedem Dorf muß das Volk zu den Waffen greifen, auch traditionelle Waffen, Pfeile und Bogen und andere Dinge. Das Wesentliche ist, den Feind zu zertreten, sonst werden wir Sklaven der Tutsi.“ Die Armeeführung verhängte für gestern eine Ausgangssperre über Kinshasa, um „Infiltrationen“ des „Feindes“ zu verhindern.

Nicht die eigenen Truppen haben Kabila den Sieg gebracht, sondern die Armeen Angolas und Simbabwes, die einen geradezu klassischen Feldzug durchgezogen haben. Während Simbabwe mit 600 bis 900 Soldaten die Hauptstadt Kinshasa vor weiteren Vorstößen der Rebellen sicherte, rollte Angola mit 1.000 eigenen Soldaten und 1.000 exilierten katangischen Kämpfern die Rebellenstellungen von hinten auf. Der Verlust der Militärbasis Kitona am Wochenende schnitt die Rebellen von ihrem Nachschub aus der Luft ab. Ihnen blieb dann nichts anderes, als vor den anrückenden Angolanern die Flucht nach vorn Richtung Kinshasa anzutreten. Dort wurden sie dann gestern früh in Luftangriffen aufgerieben.

Nun ist der Kongo faktisch zweigeteilt. Im Westen sitzt Kabila fest im angolanisch und simbabwisch abgesicherten Sattel, im Osten herrschen die Rebellen mit Unterstützung Ruandas und Ugandas. Es ist nicht auszuschließen, daß diese Zweiteilung sich jetzt festigt, zumal Angola bereits erklärt hat, den Krieg nicht in den Osten des Kongo ausdehnen zu wollen. Erklärungen aus Simbabwe, wonach unter Berufung auf angolanische Stellen die größte von den Rebellen gehaltene Stadt, Kisangani, zurückerobert worden sein soll, sind unbestätigt und stark zu bezweifeln, da das mitten im Urwald am Kongo-Fluß liegende Kisangani von Westen her nur mit Luftlandetruppen angegriffen werden kann.

Den Rebellen bleibt jetzt wenig anderes, als zu versuchen, den Frontverlauf von Osten her zu verändern. Das bedeutet zunächst einmal verschärfte Kämpfe im Südosten, wo die Rebellen seit Tagen versuchen, in die Provinz Katanga einzudringen. Gestern meldete die RCD die Eroberung der katangischen Stadt Kalemie am Tanganjikasee.

Die Regierung Kabila wird dagegen vor allem versuchen, den Gegner von innen zu destabilisieren. Zu befürchten ist, daß die Regierung Tutsi-feindliche Milizen im Osten des Landes stärkt, um die RCD in ihrem Kerngebiet zu schwächen. Die Folge eines solchen Vorgehens wäre ein neuaufflammender ethnischer Konflikt im Osten des Kongo. Als Reaktion auf die angebliche Förderung feindlicher Milizen durch die Kirche ermordeten Rebellentruppen am Montag bereits 37 Menschen in einer Kirchengemeinde nahe Uvira an der Grenze zu Burundi. Zu den Getöteten gehören mehrere geachtete Persönlichkeiten der Region.

Eine weitere Möglichkeit ist die Destabilisierung der RCD-Verbündeten Ruanda und Uganda auf deren eigenem Staatsgebiet. Für Ruanda hat dies Kabila in der Vergangenheit bereits angedroht. In Uganda starben am Dienstag 28 Menschen bei drei Bombenanschlägen auf Reisebusse – eine Anschlagsform, die bisher immer den auf kongolesischem Gebiet operierenden Rebellen der „Allied Democratic Forces“ (ADF) zugeschrieben wurde.