Kinderparade auf der Reeperbahn

Der vierjährige Jakob stemmt sich gegen die Tür der Davidwache, eine Tröte in der rechten, einen Keks in der linken Hand. Mag eine Kindergärtnerin noch so oft „Nicht da rein!“ brüllen: Jakob will wissen, „wo denn nun die Polizei ist“. Viele Autos mit Blaulicht hatte man ihm schließlich versprochen, wenn er mitginge bei der Kinderparade gestern auf der Reeperbahn.

Doch damit er die Beamten sehen kann, muß Jakob hochgehoben werden. Es gilt, über rund 600 Menschen hinwegzugucken, die sich am Spielbudenplatz sammeln und langsam Richtung Millerntorplatz wandern. Plakate versperren die Sicht, auf ihnen stehen Parolen wie „unsere Kinder sind keine Sparschweine“. Und schließlich, ganz vorne im Zug, fährt die Polizei, die den Protestmarsch der Kindergärten und Jugendeinrichtungen bewacht.

Die wollen Geld, erklärt der achtjährige Nico den Sinn der Demo. „Viel mehr Geld“, und nicht etwa mehrere Millionen Mark weniger, wie Jugendsenatorin Rosemarie Raab (SPD) es wünscht. 2,7 Millionen Mark möchte die Sozialdemokratin in den kommenden drei Jahren in Hamburgs Tagesstätten und Kindergärten sparen, dazu kommen Kürzungen bei den Jugendhilfe-Einrichtungen der freien Träger. Den Bezirk Mitte trifft das besonders. Er hatte wegen der schlechten Sozialstruktur in den vergangenen Jahren stets etwas mehr Geld für die freien Jugendhäuser zur Verfügung. Das fällt nun weg.

„Wir müssen im Zweifel unser Angebot einschränken“, sagt Demo-Organisator Jens Körner vom „Nachbarschaftsheim“ auf St. Pauli. Mehr als 100 Jugendliche kommen täglich in die Räume am Silbersackweg, die jeden Tag bis abends geöffnet sind.

Auch der Kindergarten Osterbrook fürchtet um seine Qualität. Mehr als ein Dutzend Jungen und Mädchen laufen mit aus Müllsäcken gebastelten Leibchen herum, wie sie die IG Metall an Streikende verteilt. Den Grund für ihren Protest kann die siebenjährige Jessica sofort erklären: „Bei uns gibt es weniger Erzieherinnen als Kinder. Das geht nicht.“

juw/ Foto: Margret Termathe