Senat kippt Genehmigung zur Hanfparade

■ Die positive Entscheidung des Bezirks Tiergarten wird vom Senat widerrufen. Verwaltungsgericht muß heute über Sondergenehmigung entscheiden. Demonstrationszug und Abschlußkundgebung sollen trotzdem s

Einen Tag vor Beginn der Hanfparade ist die rechtliche Frage unentschiedener denn je. Gestern hat die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr die Genehmigung des Bezirks Tiergarten widerrufen. Stein des Anstoßes sind nach wie vor die Verkaufsstände, die zwischen Brandenburger Tor und Sowjetischem Ehrenmal aufgestellt werden sollen. „Sobald Sie etwas verkaufen, ist es keine Demonstration mehr“, erklärte gestern Petra Reetz, Sprecherin der Bauverwaltung. Da der Bezirk die Demonstration mitsamt den Verkaufsständen genehmigt hatte, habe man nun auch die gesamte Genehmigung widerrufen müssen, so Reetz: „Sie können nicht nur zwei Sätze streichen.“

Im Bezirk Tiergarten, vor dem Sowjetischen Ehrenmal, sind nicht nur Verkaufs- und Infostände, sondern auch die Abschlußkundgebungen der Parade geplant. Tiergartens Bürgermeister Jörn Jensen (Grüne), der gestern noch nicht über den Widerruf des Senats informiert war, zeigte sich empört. Die Einmischung in die Sondergenehmigung des Bezirks sei „nicht hinnehmbar“. Es sei „geradezu abenteuerlich, wie sich der Senat eine Begründung zurechtbiegt“.

Der Senat sieht in dem Verkauf von Lebensmitteln eine „Kommerzialisierung des Aufzuges“, wie es in dem Schreiben an die Veranstalter der Hanfparade heißt. „Das geschichtsträchtige Brandenburger Tor“ werde „durch kommerzielle Veranstaltungen jedweder Art herabgewürdigt“, so die Begründung. Laut Senatsbeschluß darf der Bereich des Brandenburger Tores nur noch für herausragende Ereignisse, wie die Silvesterparty oder den Großen Zapfenstreich, zur Verfügung gestellt werden. Hierunter falle die Hanfparade aber nicht, so die Senatsverwaltung. Die Hanfparade habe als Veranstaltung einen politischen und nicht einen kommerziellen Charakter, entgegnet Jensen. Der eigentliche Beweggrund des Senats sei es, eine „offene Diskussion über das Betäubungsmittelgesetz zu unterbinden“, so der Bürgermeister. Die Veranstalter selbst, das Bündnis Hanfparade, hoffen unterdessen weiter auf einen positiven Entscheid des Verwaltungsgerichts. Seit Montag beschäftigt sich die neunte Kammer mit der Hanfparade (die taz berichtete). Spätestens heute ist eine Entscheidung fällig.

Martin Münchenberg, einer der Organisatoren, sieht Demo und Abschlußkundgebung nicht gefährdet. Die Demo sei bei der Versammlungsbehörde angemeldet. „Wir glauben außerdem, daß das Verwaltungsgericht positiv entscheidet“, so Münchenberg. Letztes Jahr, als die Hanfparade zum ersten Mal mit 30.000 Teilnehmern durch Berlin zog, habe es solche Probleme nicht gegeben.

Geplant ist die Demo wie folgt: 13 Uhr ist Treffpunkt auf dem Alexanderplatz. Über Karl-Liebknecht-Straße und Unter den Linden zieht die Demo durch das Brandenburger Tor in den Tiergarten. Dort findet ab 16 Uhr die Abschlußkundgebung vor dem Sowjetischen Ehrenmal statt. Als Sprecher der Parteien kommen: Lothar Bisky (PDS), Christian Ströbele (Grüne), Markus Löning (FDP) und Christoph Schlingensief (Ex-Chance 2000). Susanne Sitzler

Infos beim Bündnis Hanfparade, Tel.: 24720233. Im Internet: www.hanfnet.de/hanfparade