Der süße Hasch-Rausch Unter den Linden

Tausende demonstrierten bei der zweiten Hanfparade für legalen Hanfanbau. Musik aller Stilrichtungen machte müde Kiffer munter. Und noch immer gilt: Außer zum Rauchen dient Hanf auch für gute Weihnachtsplätzchen  ■ Von Susanne Sitzler

Vom Alexanderplatz bis zum Brandenburger Tor: eine Wolke Dope. „Hanf ist mehr als eine Tüte drehn, aber das ist auch sehr schön“, steht auf einem der 20 Wagen, die am Samstag die Hanfparade begleiten. Joints Unter den Linden, Jonts auf jeder Bank. Ein junger Mann mit blonden Rastas grinst zufrieden: „Das ist ein gutes Gefühl – ohne Streß zu drehen“. Daß die Polizei am Tag der Demo Kiffer verhaften wird, glaubt er nicht. „Das sind zu viele.“

Rund 12.000 Teilnehmer demonstrierten zum zweiten Mal für die Legalisierung der Droge. Vor allem junges Volk; Schüler, Studenten, Linke und Hippies tanzten durch die Stadt. Daß die Hanfparade fast nichts mit der Love Parade zu tun hat, war auch an der Musik festzustellen. Techno wummte aus nur wenigen Boxen.

Die Hanfparade liebt die musikalische Vielfalt: Ganz vorne dröhnt eine Live-Punkband die Ohren der Kiffer zu. Weiter hinten tanzt man stilecht zu Bob Marley. Auf einem Wagen weiter hinten spielen vier Männer mit Sonnenbrille Jazz.

Von den Parteien waren nur die Grünen und die PDS mit einem Wagen vertreten. Der Direktkandidat der Bündnisgrünen, Christian Ströbele, fuhr mit seinem dreirädrigen Elektroauto dem Wagen seiner Partei hinterher. Ein wenig isoliert fühlte er sich in diesem Miniauto schon. „Ich kann mich immer nur mit Passanten unterhalten“, ärgerte er sich. Dabei ist es ihm mit der Legalisierung des Anbaus durchaus ernst: „Hanf ist so ein vielseitiger Stoff. Er sollte ganz normal angebaut werden dürfen“, sagt er. Er selbst trage Hanfjeans und Hanfsocken.

Obwohl er Drogen jeglicher Art ablehnt und selbst nicht einmal Kaffee trinkt, ist auch die Legalisierung der Droge in seinem Sinne. „Im Vergleich zu Alkohol ist Cannabis weit ungefährlicher“, so Ströbele. Wenn jemand wegen Hanfanbau acht Monate Freiheitsstrafe bekomme, stimme das Verhältnis nicht mehr, so Ströbele, der Rechtsanwalt. Im übrigen könne man mit Hanfmehl vorzüglich backen.

Was die Nutzpflanze Hanf sonst noch bietet, zeigten die über hundert Stände: Hanfhemden und Pullis, Hanfkosmetik, Speiseöl, Schokolade, Pastillen und Lollis. Der neueste Hit, so erzählt einer der Verkäufer aus dem süddeutschen Nürtringen, sei die Hanf-Falafel- Fertigmischung. Aber auch er schwört, wie Ströbele, auf Hanfmehl. „Da gibt es an Weihnachten die schönsten Ausstecherle.“

Auch der Bratwurststand konnte auf dem Markt zwischen Brandenburger Tor und Sowjetischem Ehrenmal verkaufen. Weil das Verwaltungsgericht noch einen Tag vor Paradenstart so entschieden hatte, mußten sich die Hanfaktivisten nicht nur von Hanfbier und Hanfbratlingen ernähren. Trotzdem kam die Entscheidung des Gerichts für einige zu spät. „Ungefähr 30 Stände sind wegen dem ganzen Ärger abgesprungen“, erklärt Martin Müncheberg von den Veranstaltern.

Nächstes Jahr soll es trotzdem wieder eine Hanfparade geben. Der Veranstalter schätzt, daß mindestens so viele wie letztes Jahr für den Hanf auf die Straße gingen. „Wir schätzen, es waren wieder 30.000“, sagt Müncheberg. Wie aber einen erneuten Streit um die Demo verhindern? Müncheberg weiß es nicht: „Wir haben alles rechtzeitig angemeldet, mehr können wir nicht tun.“