Homosexuelle empört über Bischöfe

■ Erklärung der katholischen Oberhirten zur Bundestagswahl halten die Schwulenverbände für „antihomosexuelle Stimmungsmache“

Früher predigte der Pfarrer am Wahlsonntag von der Kanzel, der Herr Bischof habe auch diesmal wieder aufgerufen, christliche Parteien zu wählen. Und für die etwas begriffsstutzigen Schäfchen in der Gemeinde: „Parteien mit C wie christlich!“

Die am Freitag veröffentlichte Erklärung der katholischen Bischöfe in Deutschland zur Bundestagswahl ist ein wenig ausgewogener. Ein jeder müsse die Parteien selbst nach ihrer „ethischen Grundordnung und ihrer religiösen Haltung befragen“, heißt es in der Erklärung.

Die Wahl der Partnerschaft will die katholische Kirche den Gläubigen freilich nicht selbst überlassen. Und auch der Staat soll seine Bürger nicht aussuchen lassen, in welcher Form von Gemeinschaft sie leben wollen. „Wer im Zeichen von Gleichbehandlung von anderen Formen des Zusammenlebens die grundlegende Bedeutung von Ehe und Familie einschränkt, zerstört die Lebenskraft unserer Gesellschaft“, heißt es in der Erklärung. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, wurde deutlicher: Die Bestrebungen von SPD, Grünen und FDP, andere Formen des Zusammenlebens mit der Ehe gleichzusetzen seien „fatal“. Bei den drei genannten Parteien gibt es Bestrebungen für die Gleichstellung von homosexuellen Paaren mit der Ehe.

Der Schwulenverband in Deutschland hat den katholischen Bischöfen gestern vorgeworfen „antihomosexuelle Stimmungsmache“ zu betreiben. Mit solchen Äußerungen mache sich die katholische Kirche zum „Feind der Homosexuellen“, erklärt der Sprecher des Verbandes, Volker Beck, Rechtsexperte der grünen Bundestagsfraktion. Die ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) nannte die entsprechenden Passagen der Erklärung „unchristlich und diskriminierend“. Die „Vehemenz“, mit der im „Wahlhirtenbrief“ gegen jeden Einsatz für die rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften „agitiert“ werde, zeige die „Leibfeindlichkeit der kirchlichen Hierachie und die angstbesetzte Sicht von Sexualität.“ Robin Alexander

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