IRA behält die Waffen

■ Die Untergrundorganisation will ihr Kriegsgerät vorerst nicht ausmustern

Dublin (taz) – Die Irisch-Republikanische Armee (IRA) behält ihre Waffen. In einem Interview mit der Sinn-Féin-Zeitung An Phoblacht sagte ein Sprecher des Armeerats: „Einige Leute mißbrauchen die Frage der Waffen, um das Karfreitagsabkommen zu unterminieren oder nachzuverhandeln. Das dürfen wir nicht zulassen.“ Gleichzeitig verlangte der Sprecher von der IRA-Absplitterung „Real IRA“, die vor zwei Wochen bei einem Anschlag in Omagh 28 Menschen getötet hat, sich unverzüglich aufzulösen.

Für die Unionisten ist die Ausmusterung der IRA-Waffen eine Vorbedingung für Sinn Féins Beteiligung an der nordirischen Regierung, die noch in diesem Monat gebildet werden soll. Laut britisch- irischem Abkommen vom Karfreitag, das in beiden Teilen Irlands per Volksentscheid abgesegnet worden ist, hat Sinn Féin aufgrund des Wahlergebnisses vom Juni Anspruch auf zwei Ministerposten.

Martin McGuinness, einer der beiden Anwärter darauf, hat sich mehrmals mit dem kanadischen General John de Chastelain getroffen, der die Waffenkommission leitet. McGuinness hat es abgelehnt, als Vermittler zwischen der Kommission und der IRA zu fungieren. Möglicherweise macht die IRA jedoch eine Konzession an den in seiner eigenen Partei umstrittenen Unionistenchef David Trimble und erklärt ihren Krieg offiziell für beendet.

Regierungsbeamte aus Dublin und London arbeiten fieberhaft an einem „historischen Händedruck“: Trimble und Sinn-Féin- Präsident Gerry Adams sollen sich am Donnerstag, wenn US-Präsident Bill Clinton nach Belfast kommt, vor surrenden Kameras die Hände reichen. Sowohl Unionisten als auch Sinn Féin waren gestern jedoch skeptisch. „Irgendwann wird es passieren“, sagte eine Sinn-Féin-Sprecherin, „aber nicht diese Woche.“ Ralf Sotscheck